berliner szenen: Ein Doktor für die Olympia
Klickklack, klickklack. Die alte Olympia-Schreibmaschine, die ich von einem Restaurateur in Ungarn bestellt habe, macht genauso großartige Geräusche beim Tippen wie vorgestellt. Sie sieht auch wunderschön aus. Die Buchstaben aber sind alle nur zur Hälfte zu sehen. Ich brauche die Schreibmaschine bereits am Abend für ein Projekt. Also muss schnell ein Schreibmaschinendoktor her. Wo aber kann man heutzutage noch alte Schreibmaschinen reparieren lassen? Im Internet finde ich drei Adressen. Eine davon ist dauerhaft geschlossen. Ich entscheide mich, nach Charlottenburg zu Zielinskis Büromaschinen zu fahren. Es ist ein Samstag, das Geschäft soll bis 16 Uhr aufhaben. Als ich um 15 Uhr ankomme, sind die Schotten dicht. Ich drücke die Klingel. Ein Mann öffnet: „Wir mussten wegen einem Notfall schließen.“ Ich erkläre enttäuscht: „Dann will ich nicht stören.“ Er mustert mich: „Was verschlägt Sie denn her?“ Ich zeige ihm die Schreibmaschine: „Ein Schreibmaschinennotfall. Ihr Notfall geht aber natürlich vor.“ Er bedeutet mir einzutreten und meint: „Wir schauen mal.“
Durch die Werkstatt geht es in die Ladenräume, in denen zehn alte Schreibmaschinen stehen. Der Mann platziert meine vorsichtig auf dem Tisch, sieht sich das Farbband an, justiert nach, reinigt die Maschine mit Öl, spannt dann ein Papier ein, versucht zu tippen und erklärt: „Nee, die Maschine ist nie im Leben gewartet worden. Da muss gelötet werden.“ Er holt Werkzeuge und schraubt und lötet und poliert. Ihm zuzusehen hat etwas Meditatives. „Woher können Sie so gut mit Schreibmaschinen umgehen?“, frage ich. Er lächelt: „Ich habe vor vierzig Jahren Büroinformationselektroniker gelernt.“ Nach einer halben Stunde läuft die Maschine wie eine Eins. Er nickt zufrieden: „So etwas nie im Internet kaufen, nur vor Ort.“ Eva-Lena Lörzer
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