berliner szenen: Großstadt-Kids im Gemüsebeet
Als Kind vom Land ist mir die Gartenarbeit von klein auf vertraut. In dem großen Gemüsegarten neben unserem Haus hatte ich mein eigenes Beet, auf dem Radieschen, Möhren und Unkraut munter durcheinander wuchsen. Oft schickte meine Mutter mich los, um ein paar Wachsbohnen, eine Zwiebel oder Dill und Petersilie zu holen. Lange hielt ich es für Allgemeinwissen, Kartoffeln, Bohnen und Rote Bete an den Blättern zu erkennen. Und dachte, jeder wisse doch wohl, dass Möhrensamen viel langsamer keimen als die von Radieschen.
Dann zog ich in die Stadt und war lange gartenlos – bis ich am Stadtrand ein Gemüsebeet pachten konnte. Dort wächst jetzt, was wir im Sommer so essen, fast wie früher. Nur, dass es ein Gemeinschaftsgarten ist, mit „Parzellennachbarn“ links und rechts. In Workshops lernt man Säen, Pflanzen, Düngen und Ernten. „Gartentelegramme“ erklären, was gerade zu tun ist. Jungpflanzen und Saatgut werden gestellt.
Jedes Jahr gibt es auch ein paar Neugärtner. Viele haben noch nie Gemüse angebaut. Vor ein paar Tagen traf ich wieder solche Neulinge auf dem Beet. Eine Mutter, zwei kleine Grundschülerinnen. „Wir holen schon mal die Pflänzchen“, sagte die eine, kam aber bald mit leeren Händen zurück. „Es gab keine Möhrenpflanzen mehr, Mama!“ „Gut, dass wir das hier gepachtet haben“, murmelte die Mutter, und erklärte, dass Möhren gesät, nicht gepflanzt werden. „Schau mal, wie groß die Rote Bete schon ist!“, rief kurz darauf die andere. Ende Mai? Natürlich nicht, sie stand neben den Radieschen. Eins aber wussten beide genau: „Es gibt sogar Edamame hier“, strahlte die eine. „Das ist mein Lieblingsgemüse“, freute sich die andere. Ich hätte in ihrem Alter Edamame wohl für eine neue Art von Monchichi-Äffchen gehalten.
Gaby Coldewey
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