berliner szenen: Ku’damm hätte Oma gefallen
Der Ku’damm riecht nach Pelzmantel und nach süßem Damenparfum, das erinnert mich an meine Oma, die beides trug. Er riecht auch nach Tränen, die einem wegen der Kälte ohne Stopp das Gesicht herunterlaufen, und vor der Gedächtniskirche nach gerösteten Mandeln und Glühwein. Viele Menschen laufen mit KaDeWe-Tüten herum. Andere machen Fotos vor den Schaufenstern und den Weihnachtsbäumen des Einkaufszentrums, und ich muss an New York denken, obwohl ich noch nie da war.
Den Nachmittag verbringe ich mit Schreiben im Schwarzen Café in der Kantstraße. Währenddessen beobachte ich vor allem einen jungen Mann, der auch allein wie ich dasitzt und in seinem Heft zeichnet. Ich frage mich, ob er mich vielleicht malt, während ich über ihn schreibe, und finde es schön, nicht zu wissen, ob es so ist. Auf jeden Fall ist er in seine Tätigkeit vertieft und unsere Blicke begegnen sich nicht.
Ich nehme ein französisches Frühstück, an vielen Tischen dampfen heftige Gerichte mit Fleisch oder Suppen, andere stoßen mit Sekt an, vier große Männer mit Glatzen trinken Bier.
Um dahin zu kommen, musste ich wegen eines Arzteinsatzes aus der U-Bahn in der Bismarckstraße aussteigen und nicht in der Wilmersdorfer Straße, wie ich wollte. Ich freute mich aber, über die Fußgängerzone zu flanieren, denn bei mir in Neukölln gibt es so was nicht. Weil in der U7 Pendelverkehr war, fuhr ich einen Teil der Strecke dorthin durch Schöneberg und fand es schön, durchs Fenster zu schauen und einige Sonnenstrahlen ins Gesicht zu bekommen.
Während ich am Abend am Wittenbergplatz auf die U-Bahn warte, denke ich wieder an meine Oma, die ich früher gern in ihrem schicken Viertel in Buenos Aires besuchte. Der Ku’damm hätte ihr bestimmt gut gefallen.
Luciana Ferrando
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