berliner szenen: La Señora lacht viel in ihrem Späti
Kleine … Sei nicht traurig!“, würde mir M. sagen, wie sie das immer machte, wenn ich traurig war und sie am Telefon hatte. Doch seit fünf Jahren fällt es mir Ende Oktober, wenn sie Geburtstag hätte, schwer, ihr zu gehorchen. Ich versuche aber, zumindest nicht zu traurig zu werden und an sie zu denken, als sie noch in Topform war, und mich auf die vielen schönen Momenten mit ihr zu konzentrieren.
Ich frage eine gemeinsame Freundin, wie alt M. jetzt würde. Sie schreibt zurück: „67, sage ich, ohne mit den Fingern zu zählen, wie sie es immer gemacht hat, weil sie nie wusste, wie alt sie war“, und ich muss lachen.
Apropos Lachen: Ich würde gerne M. über die Späti-Frau in der Donaustraße erzählen, die so ähnlich wie sie lacht. Immer, wenn ich da bin, versuche ich sie deswegen zum Lachen zu bringen, was nicht schwer ist. La Señora (wie meine Freundin, die nebenan wohnt, und ich sie nennen) lacht viel. Weil es bei ihr gemütlich ist und der Späti sogar eine Toilette wie in einem Luxushotel hat, trinken meine Freundin und ich im Sommer oft Bier bei ihr. Sie scheint immer gut gelaunt zu sein und freut sich, wenn sie uns sieht. Manchmal gehe ich auch alleine dorthin.
Vor dem Laden hat sie riesige Blumentöpfe platziert, vor allem mit Hortensien. Sie sitzt immer neben der Tür an ihrem Tisch, meist mit ihrem Mann und ihren Freund*innen, und unterhält sich mit Kund*innen.
Einmal erzählt sie mir, dass sie aus der Türkei kommen und seit mehr als 30 Jahren in Berlin zu Hause sind. Sie fragt mich, woher ich komme, und als ich antworte, dass ich aus Argentinien komme, fängt sie an, über Fußball zu reden, sie kenne sich damit gut aus. Ich bin dann sicher, dass La Señora und M. sich gut verstehen und auch gerne zusammen lachen würden.
Luciana Ferrando
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen