berliner szenen: Feilschen mit dem Kinde
Obwohl ich gerade sehr unkonzentriert bin, Sommer und so, wagte ich es mit meinem Laptop zum Arbeiten nach draußen – in einen kleinen Biergarten in Schöneberg. Nicht zum Biertrinken, na ja, vielleicht später, sondern zum Schreiben, so zumindest der Plan. Es fing alles gut an, muss ich sagen. Ich hörte nur das Plätschern des Brunnens im Park nebenan. Und dezentes Gequatsche von den Nebentischen, die aber in angemessenem Abstand zu meinem für heute auserkorenen Arbeitsplatz standen. Also alles gut, dachte ich, bis sich eine Mutter mit einem etwa vierjährigen Kind an meinen Nachbartisch setzte. Zugegeben ahnte ich schon das Schlimmste.
Der Junge quengelte: „Ich will aber jetzt ein Erdbeereis.“ Und ich dachte mir: Dann soll er doch bitte eins bekommen, damit das Quengeln aufhört. Bitte! Die Mutter sagte: „Ich kaufe dir ein Erdbeereis, wenn du heute Abend ordentlich die Zähne putzt.“ Schlag ein, dachte ich mir, ist doch kein schlechter Deal. Der Junge quengelte weiter: „Ich will aber ein Erdbeereis!!“ – „Und was ist mit Zähneputzen?“, fragte die Mutter. Der Junge: „Nein. Ich will aber jetzt ein Erdbeereis!“ Die Mutter: „Ich kaufe dir jetzt ein Erdbeereis, wenn du mir versprichst, dass du dir später die Zähne putzt.“ Jetzt schrie der Junge: „Ich will jetzt ein Erdbeereis!!“ Und die Mutter mit einer ganz ruhigen Stimme: „Und danach putzt du dir die Zähne, ja?“ Der Junge: „Neeeinn!“ So ging das noch mindestens zehn Minuten weiter, bis die Mutter mit dem Jungen verschwand. Meine Konzentration war natürlich dahin, daher wartete ich gespannt, wer aus diesem Kampf als Sieger hervorgehen würde. Dann kam der Junge zurück. Zwar nicht mit einem Erdbeereis, dafür mit Mango-Eis in der Waffel. Plötzlich war sie da wieder; diese Ruhe. Ich brauchte trotzdem erst mal ein Bier. Eva Müller-Foell
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