berliner szenen: Draußen nur Kännchen
Ostersonntag sind wir in Mitte. Das war nicht geplant, aber jetzt sind wir eben da. Vom Brandenburger Tor laufen wir zum Berliner Dom, kaufen ein paar Bücher auf dem Flohmarkt. Jetzt wäre ein Kaffee gut. Anscheinend waren wir sehr lange nicht mehr hier. Überall, wo man früher schön sitzen konnte, sind jetzt Pizzerien. In einer kleinen Seitenstraße stoßen wir dann doch auf ein Café. Die Tische stehen in der Sonne, es gibt freie Plätze. Aber nichts zu trinken. „Wir müssen ja auch mal Pause machen“, sagt die junge Kellnerin, und packt die Stuhlkissen zusammen. Es ist kurz nach 16 Uhr.
Das angrenzende Café hat noch offen, wir bestellen einen Milchkaffee und ein Kännchen schwarzen Kaffee. Eine Karte bekommen wir nicht, aber braucht man ja auch nicht für Kaffee. Als ich später bezahlen möchte, wird es kompliziert. Die freundliche junge Bedienung findet uns lange nicht in ihrem Bestellgerät. Dann sagt sie sehr unvermittelt „10 Euro“. Ich reiche ihr den Schein und reibe mir die Augen. Zehn Euro für zwei Kaffee?
Nebenan ist ein Eisladen. Wir stellen uns an. Weder Angebot noch Preisgestaltung erschließen sich auf den ersten Blick. Die Kundin vor uns fragt: „Kann ich das Zitroneneis mal probieren?“. Sie bekommt ein Probierlöffelchen, das sie anschließend in einen Becher zu all den anderen Probierlöffelchen legt. Dann sagt sie „Zwei Kinderkugeln, Zitrone und Erdbeer.“ „Das ist dann ein small double, Kinderkugeln kann ich Ihnen nicht verkaufen, Sie sind ja kein Kind“, sagt die freundliche junge Verkäuferin. Ein small double sind anscheinend zwei kleine Kugeln „Ist das dann nicht eigentlich das gleiche wie zwei Kinderkugeln“, fragt die Kundin. „Ja, aber es heißt anders“, sagt die freundliche junge Verkäuferin.
Zum Abendessen sind wir zum Glück wieder zu Hause.
Gaby Coldewey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen