berliner szenen: Chance, Ukrainisch zu lernen
In diesem Sommer konnte ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllen: Ich lerne Ukrainisch.
Ein Angebot der Humboldt-Universität für Slawisten, einmal wöchentlich, morgens um acht. Es ist nicht so einfach, in Deutschland Ukrainisch zu lernen. Klar, es gibt ein paar VHS-Kurse und an einigen Unis Seminare. Aber die gehen selten über Anfängerniveau hinaus.
Ich habe in meinem Slawistikstudium neben Russisch auch andere slawische Sprachen gelernt. Ukrainisch wurde nicht angeboten. Während eines Auslandssemesters in der Ukraine hatte ich ein bisschen Unterricht in der Landessprache. Das ist lange her. Trotzdem wäre mir mit einem Kurs, in dem ich erst mal das kyrillische Alphabet lerne, nicht gedient. Aber „Ukrainisch für Slawisten“ setzt die Beherrschung der Schrift und mindestens einer slawischen Sprache voraus. Alle Teilnehmenden sind hoch motiviert, die ukrainische Dozentin ist es auch. Grammatik und Vokabeln erarbeiten wir uns zu Hause, im Kurs geht es vor allem ums Sprechen. Ich sitze viele Stunden an meinen Hausaufgaben. Nach acht Wochen kann ich einfache Hauptsätze halbwegs verständlich formulieren. Ich schreibe nicht mehr jedes Wort falsch.
Vor diesem Hintergrund bin ich immer wieder erstaunt über das Wissen anderer Menschen auf diesem Gebiet. „Ukrainisch ist wie Russisch, da ist kaum ein Unterschied“, behauptet zum Beispiel ein Freund meines Mannes. Er hat Russisch in der Schule gelernt in der DDR. Behalten hat er davon nichts. Und eine Bekannte erklärte: „Also, mir haben Russen erzählt, dass sie Ukrainer problemlos verstehen. Dann muss man die Sprache ja wohl nicht extra lernen. Ist halt wie ein Dialekt.“ Bis zum 24. Februar wusste man in unserem Land so gut wie nichts über die Ukraine. Es wird noch lange dauern, bis sich das ändert.Gaby Coldewey
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