piwik no script img

berliner szenenSonntag Kuchenim Garten

Es kann einem gerade gar nicht gut gehen. Vor allem nicht, wenn man ständig Nachrichten hört, so wie ich“, antwortet die Freundin auf meine Frage: „Wie geht es dir denn?“. Trotzdem versuchen wir es uns an diesem Sonntagnachmittag in ihrem Garten gut gehen zu lassen. Ich hatte mir Apfelstrudel gewünscht, weil ihrer der beste der Welt ist, es gibt aber Kirschstreusel stattdessen. Auch wunderbar.

Sie schlägt die Sahne, während ich mir Mühe gebe, den Tisch „schön“ zu decken – so meine Aufgabe. Wir schieben vorsichtig den bunt gedeckten Tisch neben dem Kornelkirschenbaum, wo die Sonnenstrahlen länger bleiben zu wollen scheinen. Sie setzt sich mit dem Rücken zur Sonne (wegen ihrer sensiblen Augen ist das besser). Ich freue mich, das Licht voll ins Gesicht zu bekommen, davon geblendet zu sein. Wir reden über Eidechsen und Waschbären, über Liebe und Freundschaft, über Textideen und Körperschmerzen.

Über den Krieg reden wir nicht viel. „Der Krieg muss aufhören“, sagt sie. Es gibt Wasser und Kaffee, Tee, Pistazien und Mandeln mit Schokoladen. Gegenüber wird ein Geburtstag gefeiert, Kinder schreien herum, es wird gesungen. Wir reden dagegen leise, als würden wir uns Geheimnisse verraten und uns jemand hören könnte.

Als die Sonne sich hinter den Bäumen versteckt, ziehen wir uns warme Sachen an und räumen alles auf. Beim Fahren auf den schmalen Straßen der Gartenkolonie mit dem Rad, sehen wir einen Fuchs, der ungestört von unseren Blicken auf einer verlassenen Parzelle nach Essen sucht und am Ende pinkelt. In den Rehbergen, auf dem Weg zurück, pflücken wir Bärlauch. Meine Hände und meine Tasche riechen intensiv danach. Als ich zu Hause bin, fange ich an, Bärlauchpesto zu machen, während ich die 20-Uhr-Nachrichten höre.

Luciana Ferrando

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen