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berliner szenenEin Szenario wie bei Wells

Es war der Tag, an dem der Himmel Wasserzeichen bekam und die Stadt zur Bilddatenbank wurde. Nicht „alamy“ oder „gettyimages®“ war aber am strahlend blauen Himmel zu lesen, sondern etwa „Hallo Berlin“, Weiß auf Blau, in einer Matrix-Schriftart. Quasi einer dieser „Directed by David Lynch“-Aufkleber fürs heimische Fenster, mit dem das Leben draußen Larger-than-Life aussieht – nur diesmal eben im Stadtformat. Die „SPD Schillerpark“ fragte auf Twitter ganz kapitalismusvergessen: „Was war da los im Himmel überm Wedding? Weiß wer was?“.

Mich erwischte es, als ich mit dem Fahrrad am Platz der Republik vorbeifuhr. Über dem Reichstagsgebäude stand riesig „Neu auf…“. Statt der Punkte folgte natürlich der Name eines von einem US-Medienunternehmen betriebenen „Over-the-top-Onlinevideothek- und Video-on-Demand-Diensts“ (so Wikipedia) sowie der Name von dessen neuestem Produkt.

Als der nächste Satz am Himmel steht, ich bin jetzt in Charlottenburg, muss ich schon gar nicht mehr aufblicken, denn alle halten ihre Smartphones nach oben, als kämen die Marsmenschen aus „Der Krieg der Welten“.

Dann die nächste Überraschung: die Studierenden, die ich zum Modulblätterunterschreiben open air treffe, erkenne ich trotz ihrer Masken sofort aus dem Internet, aber ihre Körpergrößen sind ganz andere, als das monatelange Zoomen mich Glauben machte. Mir fällt die Stelle bei H.G. Wells darüber ein, was die technoiden und darob körperlich verkümmerten Marsmenschen sind: „Köpfe, nichts als Köpfe.“ Da bekommt einer der Studierenden eine Nachricht aufs Smartphone: Auch in Hamburg haben die Flugzeuge den Himmel gebrandet! Wir stellen uns ein allseitiges Szenario vor wie bei Wells, nur dass wir jetzt nicht die Opfer sind, sondern die Produkte. Martin Conrads

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