berliner szenen: Hier ist auch nicht alles schlecht
Highlight auf dem Weg zur Arbeit ist der Kaffeestand an der U-Bahn-Haltestelle. Wenn ich ehrlich bin, ist er mehr als nur das Highlight auf dem Weg zur Arbeit, er ist das Highlight meiner Arbeit; noch Stunden später zehre ich von der ansteckenden Freundlichkeit seiner drei Mitarbeiter. Marik, den jüngsten, mag ich am liebsten, er flüstert den anderen immer den Preis zu, wenn sie kassieren und Rechenprobleme mit ungeraden Summen haben.
„Wieso sind Sie so freundlich?“, frage ich ihn. „Wieso nicht?“ „Kein Berliner ist so freundlich.“ „Ich bin ja kein Berliner.“ „Ich auch nicht.“ „Dachte ich mir schon.“ „Wie meinen Sie das?“ „Na ja, ich wusste, dass Sie nicht aus Berlin kommen.“ „Wieso?“ „Wegen Ihres Akzents.“ „Meines Akzents?“ „Sie sprechen irgendwie anders.“ „Wie denn bitte?“ „Anders halt. Nicht so Berlin.“ „Das mag sein“, sage ich, „ich komme aus Süddeutschland.“ „Aus Bayern?“ „Nein, aus Franken.“ -„Was ist denn Franken?“ „Franken ist das elegantere Bayern. Woher kommen Sie denn? „Aus Nordafrika.“ „Tunesien, oder was?“ „Nicht doch. Ich komme aus Ägypten. Das elegantere Tunesien.“
Er lächelt mich an.
„Und wie lange sind Sie schon hier?“, frage ich. -„Zehn Jahre. Und Sie?“ „Ich auch.“ „Das ist ja ein Zufall!“ Er lächelt wieder. „Macht Ihnen Ihr Migrationshintergrund zu schaffen?“ „Ich weiß nicht. Ich träume oft von gutem Bier. Und einer richtigen Brezn. Sonst geht es.“
„Das kenne ich. Ich träume von Hummus. Und einem richtigen Falafel. Aber man muss nehmen, was man kriegen kann. Und in Berlin ist auch nicht alles schlecht. Immerhin wohnen hier die schönen Migrantinnen aus Franken.“
Ich schenke Marik mein schönstes Lächeln. Er lächelt zurück. Der Kaffeestand an der U-Bahn-Haltestelle ist das Highlight meines Tages.
Eva Mirasol
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