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berliner szenenAkustisch nicht gesehen

Wir bestellen Sushi in der Oranienstraße und freuen uns, dass wir so spät noch essen können. Doch die Kellnerin möchte Feierabend machen. Man erkennt das, weil sie im Minutentakt immer wieder rauskommt, um zu fragen, ob sie dies oder das schon aufräumen kann. Wir schauen ihr halb verständnisvoll, halb amüsiert hinterher und sagen mal Nein, mal Ja, doch versuchen wir in Ruhe zu essen.

Wir sind am Überlegen, ob das so richtig sei, als wir die drei Manekineko am Fenster bemerken: Eine der Glückskatzen winkt pausenlos und voller Power vor sich hin, die andere ganz langsam, als wäre ihre Batterie fast alle, und die dritte bewegt sich gar nicht mehr, ihr Arm in einer faschistischen Position angehalten. Wir machen Witze darüber, bis die Entdeckung der hin und her laufenden Kellnerin hinter der Scheibe uns das Lachen im Halse steckenbleiben lässt. Sie wirft uns erwartungsvolle Blicke zu, es sieht so aus, als würde sie gleich weinen.

Bei unserem Nachbartisch hat sie es auch nicht einfach. Die englisch sprechende Gruppe sieht nicht bereit aus, nach Hause zu gehen. Sie zeigen sich Instagram-Posts auf ihren Handys und haben großen Spaß. Währenddessen studieren sie immer wieder das Menü, als ob sie noch etwas bestellen wollen.

Wir entscheiden uns, die Kellnerin zu erlösen. Mit einer Geste bestellen wir die Rechnung. Sie eilt erleichtert mit Portemonnaie und EC-Gerät zu uns. Aus Versehen wirft sie den Rest einer Bierflasche auf eins unserer Handys. Erschreckt entschuldigt sie sich und fragt tausendmal, ob mit dem Telefon alles in Ordnung sei. „Ich dachte, dass die Flasche leer ist“, sagt sie. „Sorry, ich habe es akustisch nicht gesehen.“ Wir lachen uns gemeinsam kaputt, die Kellnerin scheint für einige Sekunden zu vergessen, wie müde sie ist.

Luciana Ferrando

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