berliner szenen: Zwei Mädchen warten
Die Tochter will unbedingt in ein anderes Freibad, und so fahren wir nach Lankwitz in das Freibad am Insulaner. Es ist warm, die Atmosphäre im Bad entspannt, und als wir an dem kleinen Imbiss vorbeikommen, denke ich daran, wie wir hier früher in den Sommerferien oft für 20 Pfennig mit Ketchup gefüllte Brötchen kauften. Es schmeckte unglaublich gut oder, wie früher die Erwachsenen sagten, herrlich!
Ich war hier oft mit meinem Grundschulfreund S., und an einem Tag blieben wir lange, das Bad hatte sich schon fast geleert. Auf der großen Wiese, die zu den Becken hin sanft abfällt, waren ein paar Meter entfernt noch zwei Mädchen auf einem großen Handtuch. Sie waren ein paar Jahre älter als wir. Ein weiteres Mal schallte aus den Lautsprechern die Aufforderung, das Bad zu verlassen. „Ey“, rief eines der Mädchen rüber, „wir müssen gehen!“ Wir hatten noch unsere nassen Badehosen an und gehofft, die Mädchen würden rasch gehen, sodass wir uns unbeobachtet umziehen könnten. Sie blieben sitzen, sahen hinüber zu uns und kicherten. Weiter unten gingen bereits die Kinder herum, die sich den nächsten Eintritt verdienten, indem sie den liegen gebliebenen Müll mit Metallstangen aufpickten. Also legten wir die kleinen Handtücher, auf denen wir saßen, über unsere Hüften und zogen uns umständlich die Badehosen aus und die Unterhosen an, während das Kichern in ein Kreischen überging. Als wir endlich die Unterhosen anhatten, packten wir die Handtücher in unsere Rucksäcke und standen auf, um die Jeans anzuziehen. Und während wir dort wie falsche Störche versuchten, mit den nassen Füßen die Hosenbeinöffnungen zu treffen, kicherten die beiden wieder, verstummten plötzlich und starrten zu uns herüber. Dann sagte die mit dem Pferdeschwanz zu S.: „Ey, dein linkes Ei guckt raus!“
Björn Kuhligk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen