berliner szenen: Geküsst von fremden Menschen
Wortwörtlich stehen wir zwischen Tür und Angel. Und bleiben auch dort, bis die Party für uns vorbei ist. Es ist ein Zufall, dieser Platz am Türrahmen, zwischen Billard und Toilette, doch schnell merken wir, hier kriegen wir viele Geschichten mit.
Dass wir an dem Abend in dieser Queerparty landen, ist auch Zufall. Oder vielleicht Zauber. Wir können uns nicht entscheiden, wohin, dann sage ich der Freundin, die das erste Mal in Berlin ist: „Wünsch dir etwas und ich mache es möglich.“ Als Erstes möchte sie äthiopisch essen, was nicht zu schwer zu erfüllen ist. Doch danach will sie Reggaeton tanzen und ich habe keine Idee, wie ich sie damit glücklich machen kann. Doch bei der Queerparty in der Eckkneipe läuft Reggaeton sogar mit feministischen Parolen. Wir trinken Mexikaner, zu scharf, und Tequila, perfekt. Das Bier ist kalt, die Stimmung wunderbar. Wir werden von fremden Menschen geküsst und zu Sekt und später Geburtstagstorte eingeladen.
Alle Gäste, die aufs Klo möchten, müssen an unserer Tür vorbeigehen. Nach einer Weile geben wir ihnen Namen: die mit dem roten Bademantel, der mit dem Tattoo „Bereut lieber etwas, das du machst“, die mit dem Aufnäher „Sorry, out of Gender“, die „Küsserin“.
Zehn Personen kommen aus der Männertoilette raus und diskutieren mit denen, die noch in der Schlange warten. Zwei Frauen gehen in eine private Toilette. Als sie fertig sind, mache ich es ihnen nach. Eine andere spricht mich an und erklärt mir, warum ich diese Grenze nicht überschreiten sollte. Ich sage, dass es nicht so schlimm sei. „Halb so schlimm“, antwortet sie.
Als alle Wünsche erfüllt sind, gehen wir nach Hause und lassen die 80er-Jahre-Hits hinter uns. Im Wohnzimmer tanzen wir weiter, bis es hell wird.
Luciana Ferrando
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