berliner szenen: Die Sache mit dem Ring
Manchmal sind es einzelne Momente, die uns aufhorchen lassen. Oder die uns zeigen, dass, was wir längst entschieden haben, bloß noch etwas aufgeschoben ist. Wie letztens bei einer Goldschmiedin in Friedrichshain. „Einen Namen bräuchte ich dann noch“, sagt sie, als wir uns Ringe ausgesucht haben. Sie wolle uns benachrichtigen, wenn sie fertig sind.
Wir haben uns das einzige Sofa im Laden gekrallt, und das Ringe-Anprobieren macht Freude. Ein schöner Ort, denke ich, und ich würde eigentlich ganz gern noch länger hier sitzen. Menschen beobachten, die sich lieben und aufgeregt sind. Aber ich merke: Die anderen sind ungeduldig und wollen ebenfalls auf dem Sofa sitzen, und ausgesucht haben wir die Ringe ja schon.
Es ist sehr voll an diesem Tag. Ist auch Samstag. Und anscheinend heiraten gerade viele Menschen. Soll ja wieder in sein, sagt man. Komisch, denke ich. Ist doch jetzt Winter. Wie voll es hier wohl erst im Sommer ist? Und: Einen Namen brauchen wir noch, stimmt. Die Sache hatte ich ein wenig aufgeschoben.
Ich zucke zusammen, als mein Freund sagt: „Sag du schnell deinen, den musst du nicht buchstabieren.“ Seinen schon. Er hat einen italienischen Namen. Schön ist er, aber kompliziert, keiner rafft es. Manchmal rafft nicht mal jemand, dass es ein Name ist, sondern denkt, es seien zwei. Fügt einen Apostroph ein, an irgendeiner Stelle, oder schreibt mittendrin einfach einen Buchstaben groß.
„Okay“, sage ich also. Und zu ihr: „Lea Diehl.“ „Ah. Lea Stiel“, versteht die Goldschmiedin meinen Namen. Oje, denke ich. Und ihr ist es ein bisschen peinlich. „Ach, Diehl. ’tschuldigung“, sagt sie und blickt zu Boden. Wie gut, dass ich den bald ändern werde, denke ich erleichtert. Tu ich das? Na gut. Damit war die Sache klar. Danke schön. Lea De Gregorio
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