berliner szenen: Tofu Saté mit Reis, oder nicht?
Ich bin entscheidungsschwach, leider. Ein Lieferservice, der blanke Horror. Asiatisch? Italienisch? Burger? Reis oder Nudeln? Glas- oder Reisnudeln? Süß-sauer oder Soja? Ja, was denn nun? Ich weiß es nicht. Und so sitze ich am Computer und kann mich einfach nicht entscheiden. Wie letzten Sonntag, als ich beschloss, mir ein Abendessen liefern zu lassen, was ich normalerweise nicht tue.
Erstens fühle ich mich schlecht beim Gedanken, zu faul zu sein, um ein paar Meter zum nächsten Imbiss zu laufen. Zweitens kann ich mich eben nicht entscheiden zwischen der ganzen Bandbreite an Gerichten, die ich fast alle kenne und somit eigentlich wissen müsste, auf was ich gerade am meisten Lust habe. Aber nein, ich weiß es nicht.
So sitze ich eine gute Stunde vor dem Bildschirm, zweifelnd zwischen diesem und jenem, bis ich es schaffe, den Bestell-Button anzuklicken. War es richtig, Tofu Saté mit Reis zu nehmen? Was, wenn ich in einer halben Stunde doch lieber Reisbandnudeln mit gerösteten Erdnüssen möchte? Egal, denke ich und schaue auf die Uhr. Kurz nach 18 Uhr habe ich begonnen, mich mit dem Lieferservice auseinanderzusetzen. Jetzt ist es 19.12 Uhr.
Eine Stunde später erhalte ich eine Mail vom Lieferservice: „Guten Abend, wir bedauern es sehr, dass Ihre Bestellung nicht zugestellt werden kann. Wir haben versucht, mit dem Restaurant Kontakt aufzunehmen, und erfahren, dass das Restaurant leider überlastet ist und uns dies nicht zeitnah übermitteln konnte.“ Mir reicht’s. Ich verlasse die Wohnung und suche den nächsten Asia-Imbiss auf. Da weiß ich wenigstens, was ich bekomme – und was ich bestelle. Immer das Gleiche.
Es ist 22 Uhr. Ich liege schon im Bett und lese, als es plötzlich an der Wohnungstür klingelt. Vor mir steht der Lieferant, in der Hand das Tofu Saté mit Reis.
Eva Müller-Foell
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen