berliner szenen: Ein Fahrrad und ein Sternburg
Immer wieder unglaublich, was einem die Leute so alles unaufgefordert erzählen. Wie zum Beispiel der Typ, der mir eigentlich dabei helfen soll, den Keller auszuräumen.
Er ist Argentinier, etwa Mitte 20 und von Beruf DJ und Tontechniker. Aber in den meisten Kneipen in Berlin bekommt man fürs Musikmachen nur 50 Euro für die ganze Nacht. „Es gibt so viele Künstler hier, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Die arbeiten oft auch ohne Geld.“ So muss er eben von Gelegenheitsarbeit leben – so wie zum Beispiel vom Ausräumen meines Kellers.
Meine Nachbarschaft kennt er auch: Er hat schon im Jugendzentrum gegenüber Musikkurse gemacht. Und im Nebenhaus hat er in einer Wohnung gewohnt, während die Bewohner auf Weltreise waren. Ein billiges Zimmer zu kriegen sei eben nicht mehr so leicht, besonders wenn man nicht gemeldet ist. Darum kann er sich auch nicht auf eine Stelle bewerben: „Das ist wie ein Loop, wenn das eine fehlt, kriegst du das andere auch nicht. Und umgekehrt.“
Trotzdem will er nicht weg aus Berlin. „Hier sind einfach Leute aus der ganzen Welt. Man lernt immer neue Leute kennen, und es ist so multikulti, besonders bei den Frauen. Hier gibt es alles: Amerikanerinnen, Französinnen, Spanierinnen, Chinesinnen, Japanerinnen“, schwärmt er mit versonnenem Gesichtsausdruck. Moment mal, ich dachte, die Millenials haben gar keinen Sex mehr! Habe ich das nicht neulich bei Bento gelesen?
Da muss ich mich wohl getäuscht haben: In Hamburg, wo er auch schon als Tontechniker gearbeitet hat, sei es hart. „Da muss man die Frauen erst zum Essen einladen. Und wenn man kein Auto hat, ist es ganz schlecht“, hat er herausgefunden. „In Berlin reicht ein Fahrrad. Ein Sternburg Pils kostet nur 70 Cent. Mehr braucht man nicht für die Frauen.“
Tilman Baumgärtel
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