berliner szenen: Das Thema Männer ist durch
An einem Samstagabend spinnen meine Freundin N. und ich vor einem Spätkauf rum: „Man müsste peinliche Alltagsmomente statt ‚Guck, was für ein tolles Leben ich habe‘-Bilder auf Instagram stellen, meint sie. Ich rufe: „Au ja, Antigram!“ Wir gehen die lustigsten Erlebnisse der letzten Tage durch und malen uns die Hashtags dazu aus. Nummer 1: #EnthaarungscremefürZahnpastahalten, #ersterKontaktmitderGifthotline.
Als wir mit der Liste fertig sind, beginnen wir eine mit Datekillern (Nummer 1: Männer, die im Gespräch nebenbei das Wort ficken verwenden). Schließlich besinnen wir uns darauf, dass wir zum Schreiben gekommen sind, und klappen unsere Laptops auf. Kurz darauf fragen zwei etwa 50-jährige Männer, ob sie sich zu uns setzen dürfen. Ich entgegne: „Bitte, wenn es nicht stört, dass wir hier arbeiten.“ Nach einer Weile fragt der eine: „Kennt ihr euch schon lange?“ N. entgegnet knapp: „Kindergarten.“ Er guckt ungläubig: „Ihr seid doch nicht gleich alt.“
Ich blicke von meinem Laptop auf und scherze: „Das war nicht schlau. Damit beleidigst du ja eine von uns.“ Er mustert mich und sagt dann: „Ja, dich.“ Ich erkläre grinsend: „Ich bin tatsächlich älter – drei Wochen.“ N. murmelt: „Beide 35“, und tippt weiter. Er lehnt sich leicht angetrunken zu ihr: „Ich habe dich 20 geschätzt. Du siehst so kükenhaft aus, beinahe lolitamäßig.“ Dann starrt er mich an. N. ruft laut lachend: „Na los, trau dich!“ Er sagt vorsichtig zu mir: „Du eher edel.“
Sein Freund knufft ihn: „Da lernen wir einmal intellektuelle Frauen kennen, und du ruinierst es.“ Er lässt sich nicht beirren: „Habt ihr einen Freund?“ N. gluckst: „Das Thema haben wir gerade durch.“ Er nickt: „Wir das Thema Frauen eigentlich auch. Wir haben uns in einer Männer-Single-Gruppe kennengelernt.“ Eva-Lena Lörzer
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