berliner szenen: Das wird immer heißer
Ich wusste nicht, dass ich Mambo tanzen kann. Doch als ich gefordert werde, lasse ich mich führen und drehen durch den stickigen Raum. Ich tanze und versuche, die Haltung einzunehmen, die ich aus Filmen kenne: Als würde man von morgens bis abends nichts anderes machen, als Mambo zu tanzen – Rücken steif gerade, Obstkrone auf dem Kopf, festes Lächeln im Gesicht. „Ich habe meinen Sport entdeckt“, sage ich. Meinen Tanzpartner nenne ich von da „meinen Personaltrainer“.
Als wir aber in der Latin-Jazz-Jamsession in der Bergmannstraße ankommen, denke ich, dass das genauso langweilig ist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Das ist nicht meine Musik. Ein paar ältere Menschen sitzen auf Bierbänken und bewegen den Kopf, wenn es wild wird.
„Das war nur der Öffner“, wird uns gesagt, und wie auf Kommando stoßen neue MusikerInnen und ein jüngeres Publikum dazu. Tische werden geschoben, die Tanzfläche wird immer voller mit leidenschaftlichen TänzerInnen. „Ay, mama esto se está poniendo caliente“ – „das wird immer heißer“ –, singt der mit den Dreadlocks, und alle wiederholen die Strophe wie ein Chor.
In der Pause schließen wir uns einer kleinen kiffenden Gruppe an, die sich draußen über Motorräder und Harry Belafonte in der DDR unterhält. Eine wie eine HipHop-Diva gekleidete Frau folgt auf ihrem Handy einem WM-Spiel. Jedes Mal, wenn Kolumbien ein Tor schießt, schreit sie durchs Fenster, und eine jubelnde Stimmenwelle antwortet ihr aus dem Raum. Dann singt sie sanft „Garota de Ipanema“ nur für uns.
Nach der Jamsession gehen wir Pizza essen. Die aus Chile angereiste Mutter meines „Personaltrainers“ kommt auch mit. Das sei ihre allererste Jamsession gewesen, erzählt sie. „Mit 60 und in Berlin!“, sagt sie und nimmt einen Zug von dem Joint, den der Sitznachbar ihr weitergibt. Luciana Ferrando
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