berliner szenen: Die Gartenlaube ist real life
Für das Wochenende habe ich mir den Außenanstrich der Schrebergartenlaube vorgenommen. Die ist, sagt mein Zwölfjähriger, „so räudig, dass ich es dort nicht aushalten kann“. Als wir die Parzelle vor drei Jahren übernommen haben, war der verwilderte Gartenbereich wichtiger. Jetzt entspricht er in etwa den Vorgaben des deutschen Kleingartengesetzes. Jetzt habe ich mir die Laube vorgenommen. Alleine natürlich, denn das Kind verbringt seine Freizeit lieber mit PC- und Handyspielen. Am Freitag dann ein Zwischenfall: das Kind hat sein Smartphone mit in die Schule genommen. Das ist streng verboten. Zur Strafe wandert das Handy in den Keller und der Kellerschlüssel in meine Hosentasche. Pädagogik und so. Aber sinnvoll wird es erst, wenn ich Alternativen anbiete. Da kommt der Garten gerade recht.
„Wir streichen am Samstag die Laube“, sage ich beiläufig und zeige zeitgemäß auf Instagram-Häuschen in trendigem Grau-Weiß. Das Angebot, die Farbe mit mir zusammen auszusuchen, lehnt mein Sohn ab. Am Samstagmorgen rüste ich ihn mit Pinsel und Farbe aus. Nach einer halben Stunde ist der Zwölfjährige komplett entnervt. Während er bei seinen Computerspielen mit einem Mausklick Häuser streichen und Beete anlegen kann, dauert das im „real life“ frustrierend lange. Aber als die erste Wand plötzlich fertig ist, ist das Kind schwer beeindruckt. „Boah, das sieht ja total gut aus!“
Am Nachmittag bittet er erschöpft darum, nach Hause zu dürfen. Kurz darauf klingelt mein Handy: „Haben wir braunen Zucker?“ Als ich zu Hause eintreffe, steht das Kind hochkonzentriert am Waffeleisen. Wir essen die Waffeln auf dem Balkon. „Und, wie war dein Tag ohne Handy?“, frage ich vorsichtig. „War ganz okay“, sagt mein Zwölfjähriger. „Aber richtig viel geschafft hab ich ja heute nicht.“ Gaby Coldewey
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