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berliner szenenLange, dicke schwarze Haare

Du siehst wie eine Superheldin aus“, antwortet meine Freundin auf das Selfie, das ich ihr per WhatsApp schicke. Ich sitze unter dem Kastanienbaum in der Pohlstraße und rauche meine Feierabendzigarette. WhatsApp habe ich erst vor ein paar Monaten installiert, es ist das erste Selfie, das ich von mir verschicke. Da ich auf der Straße bin, fühle ich mich beobachtet, es ist mir sogar ein bisschen peinlich. Mich trifft ja manchmal auch die Fremdscham wie ein Blitz, wenn ich andere sehe, die sich selbst fotografieren oder Monologe am Headset führen. Trotzdem lache ich laut, weil meine Freundin mich als Superheldin sieht. Ich wäre auf die Idee nicht gekommen, sie tut mir aber gut.

Ich sage ihr, dass sie fantastisch aussieht. Es geht um Haare. Sie hatte ihr Leben lang lange Haare. Lange, dicke schwarze Haare, die über ihre tätowierten Arme fielen und so schön im Scheinwerferlicht glänzten, wenn sie mit ihrer Band auf den Bühnen von Buenos Aires romantische Lieder sang. Jetzt trägt sie die Haare schulterlang und hat dadurch ein 50er-Jahre-Flair gekriegt. Ich dagegen hatte fast immer ganz kurze Haare und versuche sie seit ein paar Jahren wachsen zu lassen.

Während wir uns Komplimente schicken, wird der kleine Platz voller. Es ist ein warmer Frühlingstag, und wenn man es schafft, den Lärm der Potsdamer Straße zu ignorieren und sich nur auf das Licht und die Brise zu konzentrieren, könnte man meinen, irgendwo am Mittelmeer zu seien.

Die Menschen von der kleinen Galerie gegenüber bringen Stühle und Weißwein mit, was den Eindruck verstärkt, nicht in Berlin zu sein. Das will ich meiner Freundin erzählen, finde es aber doch zu lang und zu kompliziert für WhatsApp. Wir tauschen uns weiter über Frisuren aus, und am Ende mache ich noch ein Selfie.

Luciana Ferrando

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