piwik no script img

berliner szenenEh, du Schubser! Lass die Frau in Ruhe!

Auf einer Fahrt in der U7. In einer Ecke des Waggons streiten sich ein Mann und eine Frau um Geld. Während des Wortgefechts wird der Mann immer lauter. Nach einer Weile beginnt er die Frau zu schubsen. Erst leicht, dann immer heftiger. Sie hält sich an der Stange fest und wehrt sich nicht.

Die anderen Fahrgäste sehen betreten zu Boden oder verfolgen die Szene wie ein schlechtes Kammerspiel. Als ich gerade überlege, wie ich am besten eingreifen kann, ruft eine andere Frau vom anderen Ende des Waggons: „Eh, du Schubser! Lass die Frau in Ruhe!“

Der Mann nimmt einen Schluck aus einem Flachmann, torkelt einen Schritt in Richtung der rufenden Frau und schreit: „Misch dich nicht ein, Schlampe! Geht dich’nen Scheiß an. Das is’ mein’ Frau!“

Die Frau geht auf das Pärchen zu und schreit nun ebenso aggressiv: „Man schlägt keine Frauen, du Assi! Auch nicht die eigene.“

Der Mann starrt sie feindselig an: „Was bist du? Ein Mannsweib? Willst du dich schlagen, oder was?“ Er geht durch den ganzen Waggon auf sie zu, baut sich vor ihr auf und meint: „Na los, dann lass rausgehen!“

Die Frau schüttelt den Kopf: „Hab Besseres zu tun, als mich mit Alkis zu prügeln. Aber hör auf, die Frau zu schubsen, oder ich rufe die Polizei.“

Der Mann fixiert sie eine Weile und geht dann schwankend zurück zu seiner Frau. Die beiden streiten erneut. Er schreit: „Hast du das Scheiß-Emanze dahinten mit Blicken um Hilfe gebeten, oder warum macht die mich so an?“ Seine Frau lacht hysterisch. Der Mann schreit noch wütender: „Findest du gut, dass die Fotze sich einmischt, oder was?“

Er schubst sie erneut. Die andere Frau ruft die Polizei. Als die vier Stationen später kommt und den Mann befragt, meint der: „Hab doch gar nix gemacht. Musste nur ma’ zeigen, wo der Hammer hängt. Die hört sonst nicht.“

Eva-Lena Lörzer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen