piwik no script img

berliner szenenEin Schatz für sie vergraben

Seit einem Jahr gibt es in der Kita meiner Tochter nur zwei Themen: Feuerwehrmann Sam und Geburtstagspartys. Die Kinder spielen den ganzen Tag Feuerwehr. Wenn sie sich streiten, heißt es: „Dann kommst du nicht zu meinem Geburtstag.“

Eigentlich wollten wir den vierten Geburtstag unserer Tochter im kleinen Kreis feiern. Eine Woche vor ihrem Geburtstag aber protestiert sie: „Ich will alle einladen!“ Mein Freund und ich sehen uns an: Unsere Wohnung ist klein. In unserem Umfeld aber ist es normal, dass man die Kinder zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern einlädt: Alle andern Eltern haben große Feiern gemacht. Wir recherchieren Kindergeburtstage in Berlin, sehen, dass andere Café-Räume mieten, in den Zoo oder ins Planetarium gehen oder im Legoland feiern. Uns aber erscheint alles fantasielos oder überteuert. Wir beschließen, den Geburtstag nur mit den Freunden unserer Tochter ohne Eltern im Naturschutzgebiet hinter unserem Haus zu feiern: mit einer großen Schnitzeljagd.

Am Tag der Feier bin ich nervös: Ich stelle mir vor, wie die Kinder nicht ohne ihre Eltern bleiben wollen, über die Kälte klagen, den Weg zu weit finden oder sich beim Kuchenessen in die Haare bekommen. Die aber rennen begeistert mit der Schatzkarte los, beschweren sich weder über das Wetter noch über die Route. Sie glauben wirklich, dass vor Hunderten von Jahren ein Schatz vergraben wurde, der für sie bestimmt ist. Und stürzen sich nach der Schnitzeljagd mit ihren Schätzen auf den von mir am Vorabend mühevoll dekorierten Kuchen, ohne auch nur zu bemerken, dass er die Form einer Feuerwehr hat. Am Ende tanzen alle durchs Wohnzimmer. Nächstes Jahr, sage ich mir, wird es keinen Stress mit dem Geburtstag geben: Kinder glücklich zu machen ist doch gar nicht so schwer.

Eva-Lena Lörzer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen