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berliner szenenDie Spüle ist räudig, Mama

Früher hatte ja jede Berliner Wohnung standardmäßig Herd und Spüle. So auch unsere. Ein einfacher Gasherd und eine Baumarktspüle. Den Herd habe ich vor ein paar Jahren mal gegen einen etwas hochwertigeren getauscht. Die Spüle nicht.

Sie ist sicher zwanzig Jahre alt, erfüllt aber ihren Zweck. Nur mit der Ästhetik ist das so eine Sache. Unser Elfjähriger fasst das knapp zusammen: „Die Spüle ist einfach nur räudig, Mama!“ Ach ja. Wir könnten ja vielleicht wirklich mal eine neue kaufen. Denke ich naiv.

Im Januar kommt ein großzügiges Rabattheft von einem Möbelhaus. Dort stehe ich kurz darauf in der Küchenabteilung. Ein Mitarbeiter ist mir behilflich: „Suchen Sie sich einfach mal aus, was Ihnen gefällt.“ Ich wandere über die unendlich große Verkaufsfläche. Nach gefühlt vierzig Einbauküchen gebe ich auf. Ich will ja nur einen Unterschrank mit Spülbecken. Mir ist warm, die Musik nervt, mir wird das alles zu viel. Kapitalismus tötet. Scheitere ich gerade am Kauf einer simplen Küchenspüle? Und wie schaffen es Leute, ein ganzes Einfamilienhaus einzurichten? Ich versuche, nicht zu weinen.

Doch dann naht die Rettung in Gestalt von Herrn Hase. Der kleine, rundliche Mann ist vermutlich auf die ganz schweren Fälle spezialisiert. So wie mich. An seinem PC entsteht blitzschnell meine Spüle, inklusive 3-D-Bild und Kaufpreis. Am nächsten Tag komme ich mit meinem Mann wieder – der ist bei uns fürs Abwaschen zuständig. Er hat noch Änderungswünsche. Damit sind wir genau bei dem Endpreis, um den großzügigen 500-Euro-Rabatt abzufassen. Hurra!

Da waren übrigens noch mehr Gutscheine in dem Heft. Für die anderen kriegen wir Schnitzel und Blechkuchen. Wir lösen das sofort ein. Wenn schon Kapitalismus, dann richtig.

Gaby Coldewey

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