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berliner szenenGelassen bleiben war der Vorsatz

An einem Samstagmorgen mache ich mich gerade für eine Veranstaltung fertig, als mein Freund mich bittet, noch einmal kurz mit unseren Hunden zu gehen. Widerwillig stimme ich zu: Ich bin erst halb angezogen und wollte vor dem Losgehen noch Einladungen verschicken und SMS beantworten. Zu Silvester hatte ich mir vorgenommen, nicht immer alles gleichzeitig zu machen.

Im Naturschutzgebiet setze ich mich auf einen Baumstumpf und beginne zu tippen. Die Hunde aber bellen: Sie wollen weiter. Ich stehe auf und tippe im Laufen. Ich stolpere über einen Ast und falle hin. Ich stecke das Handy in meine Manteltasche und richte mich auf. In dem Augenblick sehen meine Hunde einen Hund, den sie nicht mögen, und rennen los. Ich rufe sie zurück und wechsle die Richtung.

Ich merke, dass mein Handy fehlt: Es muss aus der Tasche gefallen sein. Ich laufe den gesamten Weg noch einmal ab. Das Handy bleibt verschollen. Ich atme tief durch, sage mir, dass es einen schwachen Akku hatte und nicht mehr lange gehalten hätte, und bin stolz, mir von dem Verlust nicht die Laune verderben zu lassen: Gelassenheit war mein zweiter Vorsatz für dieses Jahr.

Auf dem Weg zu der Veranstaltung aber gehen mir alle ungesicherten Notizen, Tonbandaufnahmen und Bilder durch den Kopf und mir wird bewusst, wie kostbar mein Handy für mich war: Ich habe Notizbuch, Tagebuch, Kalender, Fotoalbum und Telefonbuch in einem verloren. Als ich nachts nach Hause komme, liegt es im Flur. „Eine Frau hat es gefunden, deinen Vater damit angerufen und es anschließend vorbeigebracht“, sagt mein Freund. Fassungslos sage ich: „Wenn sie den Vorsatz hatte, ein guter Mensch zu sein, kann sie sich auf die Schulter klopfen.“ Und nehme mir vor, besser auf meine Sachen zu achten. Eva-Lena Lörzer

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