berliner szenen: Guter Vorsatz fürs neue Jahr
Mein Vorsatz fürs neue Jahr“, hat letztens ein Freund verkündet, Moderator bei einer Trans*-Weihnachtsfeier, wo ich was gelesen hab, „mehr lächeln!“
Klingt gut, find ich, und setz das auch ziemlich flott um: Als ich das nächste Mal in einem Café sitze und draußen jemand vorbeiläuft, der mich anschaut, lächele ich die Person an. Sie lächelt nicht; sie bleibt stehen, schaut fragend, bewegt auch die Hand in einer unmissverständlichen Geste: Kennen wir uns?
Ich gestikuliere zurück: Nee. Nur sind meine Gesten nicht so unmissverständlich wie ihre, denn jetzt kommt sie ins Café rein auf mich zu.
„Wir kennen uns nicht“, ruf ich ihr entgegen, damit sie sich den Weg nicht umsonst macht. „Ich hab nur einfach so mal gelächelt.“
Sie bleibt ruckartig stehen, starrt mich an. „Ach, Sie sind ’ne Frau! Nee, dann kenn ich Sie wirklich nicht.“ Und schon dreht sie sich um, läuft wieder raus.
Ach so?, denk ich und kapier’s nicht so richtig. Für mich macht das keinen „Kenn ich oder kenn ich nicht“-Unterschied, ob jemand ein Mann ist oder eine Frau oder drittes, viertes, zehntes Geschlecht. In meiner Welt mit Trans*Weihnachtsfeiern jedenfalls nicht, in meiner Welt mit Trans*Menschen und Trans*Denken nicht. Wenn ich da jemanden nicht wiedererkenne, liegt das an Haaren und Mützen und Kleidung und so oder daran, dass ich Leute sowieso sauschlecht erkenne, aber eben nicht am Geschlecht, weil das ändert sich ja.
Nur hier im Café ist keine Trans*Welt, hier macht’s doch einen Unterschied, das mit dem Geschlecht. Komisch, denk ich, und vergess vor lauter Grübeln zu lächeln. Und da sieht man’s mal wieder: Die Welt mit zu wenig trans* in ihr drin ist daran schuld, dass die Leute aufhören zu lächeln. Wenn das nicht für mehr trans* in der Welt spricht! Joey Juschka
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