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berliner szenenDenkst, du bist was Besseres

Bei einem Kindergeburtstag mustert mich einer der Väter von oben bis unten und fragt dann: „Du hast abgenommen, oder? Du siehst …“ Ich runzle die Stirn. Er beißt sich noch im selben Moment auf die Zunge und meint: „Sorry, ich wollte dir nicht zu nahe treten.“ Ich helfe ihm aus der Verlegenheit: „Nur Stress.“ Er lächelt schief: „Okay. Man weiß ja gar nicht mehr, was man sagen darf, ohne gleich als Sexist dazustehen.“

Hätte er es nicht selbst bemerkt, mir wäre nicht einmal aufgefallen, dass seine Bemerkung unangebracht war. Ich bin abgestumpft, was Kommentare zu meinem Äußeren angeht.

Mir geht meine erste Anmacherfahrung durch den Kopf: Ich ging mit 12 am S-Bahnhof Hermannstraße die Treppe hoch, als mir ein circa 18-Jähriger „Boah, bist du geil!“ entgegenrief. Ich wusste nicht, was ich entgegnen sollte, und stellte mich taub. Im Vorbeilaufen schrie er: „Denkst wohl, du bist was Besseres, du hässliche Schlampe!“, und spuckte mir vor die Füße.

Seitdem, realisiere ich mit Blick auf meine Tochter, die sich gerade lautstark mit einem Freund um ein Auto streitet, ist das Blind-und-taub-Stellen zu einem Reflex geworden. Nur wenn andere im öffentlichen Raum blöd angemacht werden, schreite ich ein.

Selbst als mir mit Mitte zwanzig ein Exhibitionist in einem leeren S-Bahn-Waggon sein erigiertes Glied gezeigt hat, war ich wie gelähmt und habe erst reagiert, als er genau vor mir stand und in mein Buch ejakuliert hat. Bei dem Gedanken daran schüttle ich mich. Der Vater meint: „Hoffentlich nicht wegen meines Spruchs?“ Ich sage: „Quatsch.“ Und dann im Spaß: „Der fiele übrigens eher unter Bodyismus als unter Sexismus.“ Er stöhnt auf: „Nee, oder?“ Eva-Lena Lörzer

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