berliner szenen: Bungalow trifft Trompete
Alte Schule
Was die Auswahl seiner Party-Locations betrifft, ist das Bungalow-Label nicht wählerisch. Ob schwangere Auster, der Flughafen Tempelhof oder runtergekommene Keller in zweiten oder dritten Hinterhöfen in Mitte: Bungalow ist nicht nur überall auf der Welt zu Hause, sondern auch überall in Berlin. An diesem Wochenende präsentierte das sympathische Label mit Kulturni Program eine seiner neuesten Bands in der Trompete, dem Laden von Ben Becker am Lützowplatz.
Dort allerdings zeigte sich, dass die Trompete nix ist für Leute, die gern auf Bungalow-Parties gehen, und eine Band wie Kulturni Program auch nichts ist für das Publikum der Trompete. Dieses kommt, so hatte es den Anschein, vor allem aus den Hotels in der Umgebung. Eltern mit ihren erwachsenen Kindern, Banker und Kleinunternehmer auf Durchreise, Versicherungsvertreter, die sich mal einen ins Gefräs stecken wollen, Sekretärinnen auf Szene-Suche.
Alle in gediegener Abendgarderobe, versteht sich, wie allerdings auch die Bungalow-Schar. In Beckers Laden mit seinen vielen schwarzen und braunen Ledersofas mitsamt Beistelltischchen hat man es gern etwas gediegener: Schlipse statt Skijacken. Leicht muffige Jazz-Atmo rules, und die aus Coburg stammenden Kulturni Program können da noch so easy in ihren bunten Anzügen die Beats zerhacken: Es tut sich nichts. Das merkt auch der Kollege W., der an diesem Abend eigentlich auf „new economy“-Tour durch Lützow-Bar, Trompete und Shark ist. W. ist doppelt fehl am Platz: Weil er der Bungalow-Gesellschaft aus dem Weg gehen wollte – die sieht er oft genug. Und weil die Trompete mit der „new economy“ so gar nichts zu tun hat. Auch nichts mit dem neuen Berlin. Die Trompete ist die alte Bundesrepublik, das alte Berlin, Wolfgang Koeppen. Wahrscheinlich hätte W. in der Bar des Hotel Berlin mehr „new economy“ getroffen. Auch das Bungalow-Label hätte dort eine bessere Party feiern können. Und die Trompete bräuchte es dann gar nicht mehr, und alle wären zufrieden. gba
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