berliner szenen: Bei Max & Moritz
Panzer, Knacker
Obwohl ich jetzt schon drei Jahre da wohne, wo ich wohne, hat unser 24-Stunden-Imbiss um die Ecke noch nie zu gemacht. Und seit es unseren Spätkauf nicht mehr gibt und wir nicht nur alle sieben Monate dort Broiler essen und hinterher krank werden, kaufen wir jetzt öfters auch unser Bier bei „Max & Moritz“.
Abends verkauft ein junger Türke mit Manga-Augen den Döner. Schon zweimal habe ich ihn dabei erwischt, dass er „Dreams“ von Richard Sanderson aus dem Film „La Boum“ im Küchenrekorder spielte, vielleicht hat er die ganze Kassette voll gemacht damit.
Meist sitzt am Tresen ein müder Mann, der mit dem Gesicht in sein Ketchup sinkt, während an den hinteren Tischen zwei straßenbekannte Opas mit anderen jungen Türken diskutieren, die aussehen wie Vettern. Da ich im Osten wohne, wo die Opas gern mit kommunistischen Schirmmützen vor die Tür gehen, wunderte mich, wie einmal einer meiner Lieblingsopas, den ich auch immer beim Brötchenholen treffe, vehement seine Stimme für Cassius Clay erhob, während er nicht müde wurde, Henry Maske zu beschimpfen. Und neulich hörte ich einem anderen Opa zu, wie der denselben Türken Geschichten erzählte. 1945 habe er seinen Panzer am Bosporus einfach stehen lassen, sei über Dalmatien nach Hause, dann aber gefangen worden. Die Türken konnten es kaum fassen, wie man seinen Panzer einfach stehen lassen kann und freuten sich.
Schade, dass „Max & Moritz“ nie Bänke rausstellt. So können wir uns abends immer nur im „Café Momo“ auf den Bürgersteig setzen. Hier gibt es super Kraftbrühe für nur eine Mark, und die Knacker kommen auf einem großen, weißen Teller mit Deko aus Trockenpetersilie.
SUSANNE MESSMER
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