berliner szenen: Jubiläum mit Torte und Gänsehaut
Als wir den Roncalli-Weihnachtszirkus entdeckten, waren die Kinder noch ganz klein und saßen mit großen Augen auf unseren Knien. Heute kommen sie mit Freund und Freundin und verkriechen sich auf den Hinterbänken. Aber sie kommen. Denn der Zirkus ist ein Ort, wo Wunder geschehen. Weihnachten ist die perfekte Zeit für Wunder, und bei Roncalli fügt sich alles wie von selbst zusammen.
Premiere im Tempodrom, vergangener Freitag. Der Zirkus beginnt schon zu Hause: Was zieht man an? Wen stellt man dar? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – heute darf man alles sein. In diesem Jahr feiert Roncalli sein 20. Jubiläum in Berlin. Gleich zu Beginn wird eine riesige Jubiläumstorte auf die Manege gerollt. Gold und Rot – die Roncalli-Farben – schimmern noch intensiver als sonst. „Ich habe Gänsehaut“, flüstert meine Sitznachbarin, während sie eine Tüte Popcorn balanciert. Da meine Kinder irgendwo verstreut im Zelt sitzen, ist sie heute mein Radar.
Zirkus ist Kommunikation. Sie stößt mich zärtlich, aber tadelnd mit dem Ellbogen an, als das ganze Zelt „Leise rieselt der Schnee“ anstimmt und ich den Einsatz verpasse. Beim fulminanten Finale des ersten Teils, als Lichtkugeln magisch durch die Luft tanzen und das überfüllte Zelt mit Handylichtern den Moment begleitet, verstehen wir uns schon wie alte Freundinnen. Gemeinsam bewundern wir das Schauspiel und helfen einander, den perfekten Winkel für unsere Selfies zu finden.
Es ist jedes Jahr dasselbe und doch immer wieder neu: Roncalli schafft es, sich selbst zu übertreffen. Atemberaubende Stunts, ein unnachahmlicher Mix aus Humor, Poesie und Musik, und eine visuelle Pracht, die sich nur live in ihrer ganzen Intensität erfassen lässt.
„Es ist ein Abschied, aber kein Abschied für immer.“ Wie wahr, Herr Zirkusdirektor!
Irina Serdyuk
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