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berlin viralCoronatest-Suchlauf

Nach einem Dreivierteljahr Corona hat man sich fast daran gewöhnt, dass wenig planbar ist. In Sachen Fernbeziehung nerven die Unwägbarkeiten jedoch immer noch. Anders als beim ersten Lockdown darf man in Europa zwar reisen. Praktisch ist das nicht so einfach, schließlich gilt Quarantänepflicht, wenn man aus einem Risikogebiet kommt. Auch wenn man in ein anderes einreist.

England habe ich erst mal abgehakt. Schließlich dürfte ich nach Rückkehr erst mit einem negativen Testergebnis wieder arbeiten. Der Freund ist jobmäßig flexibler, also muss er kommen. Die Quarantäne wollen wir trotzdem abkürzen. Auf der Seite des RKI steht dazu, dass man sich nach frühestens fünf Tagen testen lassen kann. Beim Senat ist zu lesen, dass von der Quarantäne ausgenommen ist, wer einen negativen Test vorweisen kann, der bei Einreise nicht älter als 48 Stunden ist.

Am schlausten scheint mir, dass er sich bei Einreise am Flughafen testen lässt: kostet 60 Euro, das Ergebnis hat man 24 Stunden später. Doch dann steht er in meiner Küche und präsentiert stolz den Zettel, den ihm die „friendly lady“ bei der Passkontrolle in die Hand gedrückt hat. Da wird ein Gratistest für Einreisende aus Risikoländern innerhalb von 72 Stunden versprochen. Im Testzentrum war er deshalb nicht. Warum das Gesundheitswesen dafür zahlen soll, erschließt sich mir nicht, aber so scheint es zu sein. Eine Terminsuche über die Patientenservice-Seite 116117 ergibt keinen Treffer. Erst als sie auf die Standardeinstellung „Suche im 150-Kilometer-Umkreis“ zurückspringt: reichlich Optionen. Nach Wittenberg etwa könnten wir. In Wandlitz, Ortsteil Stolzenhagen wäre die nächste Praxis, schlappe 36 Kilometer. Nun soll man ja als Quarantänierte:r eigentlich nicht mal den Müll runterbringen.

Durchs Küchenfenster blinzelt die Restsonne und wir denken: Warum nicht. So können wir eine Radtour machen, vielleicht sogar einen Spaziergang um den Liepnitzsee. Am nächsten Tag ist es grau und bitterkalt. Wir ziehen es trotzdem durch. Schließlich erlaubt dieses blöde Virus selten, Alltagsroutinen zu durchbrechen. Eher steckt man in immer gleichen Abläufen fest. Irgendwann auf der langen Anreise schwächelt der Handyakku. Dass wir die Praxis finden, verdanken wir zwei Teenies, die im Niemandsland an der Bushaltestelle abhängen.

Am Ende des Dorfs dann ein Menschenauflauf: die Warteschlange vor der Praxis. Man meldet sich an, indem man ans Fenster klopft. Irgendwann wird man ins Partyzelt nebenan gerufen. Es ist arg kalt. Die Ärztin trägt Moonboots und mindestens vier Jacken. Sie sieht aus wie das Michelin-Männchen und ist erstaunlich guter Dinge. Wie irgendwie alle hier. Am Schluss verabschiedet die Arzthelferin uns fast überschwänglich und kündigt an, bald die Rechnung zu schicken. Welche Rechnung, fragen wir.

Von der Aufforderung, sich gratis testen zu lassen, hat sie nie gehört. Den Zettel, auf dem das versprochen wird, haben wir nicht dabei. Sie werde sich schlaumachen, sagt sie. Wir radeln zum nächsten Bahnhof. Die Teenies sitzen noch immer an der Bushaltestelle. Eine halbe Stunde später, das Handy hat wieder Saft, klingelt es. Leider konnte sie nichts herausfinden. Und der Test koste bei ihnen das Dreifache wie am Flughafen. Wir einigen uns, dass der Abstrich meines Freundes unter diesen Umständen besser im Müll landet. Zu Hause checken wir die Seite des Gesundheitsministeriums. Die Option auf einen Gratistest lässt sich auch dort nachlesen. Den Link mailen wir an die Praxis. Eine Antwort darauf gibt es nie.

Stephanie Grimm

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