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■ beiseiteAus Kindersicht

„Ich möchte gerne ein Meerschwein. Aber meine Mutter hat Angst vor Tieren. Jetzt muß ich den Mülleimer runterbringen, dann kriege ich ein Meerschwein. Aber ich glaube, ich kriege doch kein Meerschwein.“ Diese Notiz stammt von Alexander, 8 Jahre, und es gibt eigentlich kaum noch etwas hinzuzufügen: Ideal, Realität, Repressionen, Kampf und Zweifel des Daseins sind darin enthalten. Diese Zeilen sind handgeschrieben und Sybille Bludau- Ebelt hat sie ihrem Buch „Wir sind Kinder vom Prenzlauer Berg“ vorangestellt. Die Redakteurin der SchülerInnenzeitung „Schräge Vögel“ dokumentiert mit diesem Büchlein (das von hinten gelesen werden will) die Nachwendezeit aus Kindersicht. Phantasien, Wünsche, Märchen, Parabeln und Aussagen von 8- bis 12jährigen hat sie gesammelt und ihnen auch Fragen gestellt wie: „Dürfen Eltern ihre Kinder schlagen?“ oder „Was hältst du von Zensuren?“ (Sara, 9 Jahre im vollen Bewußtsein ihrer meinungsbildenden Kriterien: „Ich bin für Zensuren, weil ich meist gute kriege.“)

Eine besonders hübsche, traurige und böse Geschichte stammt von der neunjährigen Julia Jasmin Knoepke und handelt von einem Pinguin, der in der Antarktis, Müllerstraße 11, wohnt. „(...) Er wollte so viele Farben haben wie der schöne bunte Schal im Schaufenster bei Quelle. Nun hatte seine Mutter gerade fünf Mark gespart. Soviel kostete der Schal, den sich der Pinguin gewünscht hatte. Aber die Mutter brauchte das Geld für Lebensmittel. Einmal begegnete dem Pinguin der Verkäufer von Quickschuh. Er fragte: „Warum bist du so traurig, kleiner Pinguin?“ „Weil ich bloß schwarzweiß bin“, antwortete der. „Ach komm, ich schenke dir fünf D-Mark“, sagte der Verkäufer von Quickschuh. Und der Pinguin kaufte sich den schönen, bunten Schal von Quelle.“ Zu bestellen ist die Broschüre für etwas mehr, für 6,80 D-Mark beim Kid-Verlag (Kinder- Informationsdienst), Samansstraße 4, 53227 Bonn, Telefon: 0228-443195, ISBN 3-929386-13-5.

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