be-werbung : Ferngesteuert
Dass die größte Zeitung am Platze zum Medienpartner der wichtigsten Ereignisse der Region wird – daran ist nichts auszusetzen. Dass die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) auch bei der Bewerbung des Ruhrgebiets zur Kulturhauptstadt 2010 als Promoter auftritt, und sich rühmt, die Bewerbung von Bochum und Essen erst durch eine Telefonabstimmung populär gemacht zu haben – auch darin ist Redaktion und Verlag kein Vorwurf zu machen. Es ist Teil des Geschäfts.
KOMMENTAR VONCHRISTOPH SCHURIAN
Anders verhält sich das mit den Städten: Wenn die Stadtspitzen Bochums und Essens ihre Bürger dazu aufriefen, an der WAZ-Telefonaktion teilzunehmen – ist das eine grenzwertige Engführung zwischen den Interessen eines Presseorgans und der öffentlichen Hand. Wenn städtische Gelder dazu verwendet wurden, die WAZ-Umfrage mit Postkarten zu pushen und über Dienstanschlüsse Teilnahmegebühren an die WAZ-Telefonservicefirma flossen, geht die Politik-Unterstützung zu weit.
Noch schlimmer: Stimmt es, wie die WAZ die Geschichte der Bewerbung des Ruhrgebiets als Kulturgebiet erzählt, dann kam der Bewerbungs-Impuls bereits aus dem Pressehaus, im Saal des Pressehauses, durch Mitarbeiter des Pressehauses. Kreative, weitsichtige, unabhängigere Volksvertreter würden dieser verlegerischen Unterstützung nicht bedürfen – das wirft kein gutes Licht auf die Ruhr-Politik und ihre offenbar ferngesteuerten Absichten. Und es schadet nicht zuletzt der Ruhr-Bewerbung.