bauen ohne kultur : Was ist daran so schlimm?
Peter Conradi hat Recht: Es gibt immer weniger Architekturwettbewerbe und immer mehr Investorenarchitektur. Recht hat der ehemalige Präsident der Bundesarchitektenkammer auch, wenn er beklagt, dass in Berlin gleich vier Großprojekte unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplant werden. Das ist schlimm. Wirklich?
KOMMENTAR VON UWE RADA
Abgesehen davon, dass jeder Wettbewerb in Berlin auch ein gefundenes Fressen für den Geschmacksdiktator und Senatsbaudirektor Hans Stimmann ist, steckt hinter dem Rückgang an Wettbewerben mehr als nur eine Gefahr für die Baukultur. Es ist auch eine Ökonomisierung des Bauens, die sich da zeigt, so wie es eine Ökonomisierung auch im Gesundheitswesen, in der Bildung, in der Kultur gibt. Soll man deshalb überall Stiftungen zur Rettung der jeweiligen Kultur gründen? Eine Stiftung Gesundheitskultur, die das Augenmerk wieder auf alternative Heilmethoden richtet? Eine Stiftung Kulturkultur, die dem schnöden Mammon die Stirn zeigt?
Im Grunde verhält es sich mit der Baukultur wie mit der europäischen Stadt. Sie hängt an Bildern und Verfahren von gestern. Wir leben aber bereits heute in der Stadt von morgen. In einer immer gespalteneren, privatisierteren und coolen Stadt, die sich auch nicht dadurch ändern würde, wenn die BfA einen Wettbewerb verpasst bekäme.
Das eigentliche Thema ist demnach nicht Bau-, sondern Stadtkultur. Gerade erst ging die Zwischennutzung des Palastes der Republik zu Ende. Dieser „Volkspalast“ hat gezeigt, was ein Thema der Stadtkultur von morgen ist: temporäre Entwürfe für architektonische Räume, Stadträume, Lebensentwürfe.
Wenn die Stiftung Baukultur sich auch solcher Themen annimmt – gebongt. Wenn sie aber nur ein Versuch ist, den arbeitslosen Architekten wieder zu Aufträgen zu verhelfen, dann sollte das auch so gesagt werden.