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Archiv-Artikel

ausstellung Bewegung, die zu Stillstand wird

Der Fortschritt ist – das hat uns vor über 30 Jahren Günter Grass in seinem „Tagebuch“ über den Willy-Brandt-trunkenen SPD-Wahlkampf 1969 erklärt – eine Schnecke. Dass der Fortschritt heute nicht einmal langsam voran kommt, sondern auf der Stelle tritt, diese Erkenntnis verdanken wir dem italienischen Künstler Costantino Ciervo. Er hat sie in einer Videoinstallation umgesetzt: Ein Monitor, der einen pausenlos nach vorn schreitenden Fuß zeigt, hängt am Ende eines Pendels. Dieser schwingt hin und her und ergibt so das Paradoxon, dass aus dem bewegten Bild Stillstand erfolgt.

Auch in den anderen Objekten dieser Ausstellung, die sich alle durch kühle Ästhetik auszeichnen, nutzt Ciervo die Mittel moderner visueller Kommunikationstechnik, um zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen. So erinnert „Zu verkaufen“ an eine Internetauktion, bei der klassische Werte unter den Hammer kommen. Auf dem Bildschirm erscheinen nach einander die Porträts bedeutender Menschen des Geistes- und Kulturlebens: von Karl Marx über Balzac bis Heinrich Heine. Ciervo setzt Fernsehen überzeugend und stringent ein – durchaus eine Seltenheit in diesem Genre, bei dem Künstler oft auf oberflächliche technische Effekte setzen, die, sind sie erst einmal durchschaut, schnell ihren Reiz verlieren.

Dies gilt auf den ersten Blick auch für die Arbeiten von Theodoulos. Aus dem Inneren durchbrochener Betonkugeln schimmern von Monitoren Flammen und Wasserstrudel. Gegen das im Gedächtnis des Betrachters haftende, inflationäre Bild von künstlichen Kaminfeuern oder sich vor einer Lampe drehenden Wasserfällen scheinen sie keine Chance zu haben. Doch bei längerem Betrachten lässt der zypriotische Künstler die poetische Dimension in der Auseinandersetzung zwischen Natur und Technik erkennen.

Neben diesen aktuellen Arbeiten darf Wolf Vostell nicht fehlen, der als der Erste gilt, der Fernsehen in die Kunst einführte. Sein großformatiges „Millionenbild“ aus dem Jahr 1958 zeigt einen kleinen, laufenden Minimonitor in einem antiken, Macht ausstrahlenden Säulenhof und verbindet so alte und neue Herrschaftsmuster. Jürgen Schön

„TV-Objekte“: Galerie Inge Baecker, Zeughausstr. 13, bis 22.6., Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 12-16 Uhr