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ausgeschwiegenWer wen zum Essen einladen sollte – und auf wessen Kosten

Zugegeben, auch ich habe schon mal ein Brötchen bei einer Pressekonferenz genascht. Aber es schmeckte nicht. Es ist ein Vorurteil, dass Journalisten mit gutem Essen zu locken wären. Denn es gilt: je besser das Buffet, desto fragwürdiger die Informationen.

Es leuchtet nicht ein, warum überhaupt Politiker und Journalisten aus dem Budget einer kleinen Bezirksfraktion wie der Grünen in Mitte bewirtet werden sollten. Warum also ein Bezirkspolitiker Mahlzeiten beim Italiener als Spesen abrechnet, Politiker und Journalisten werden auch so satt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun im Fall des früheren Grünen-Bezirksabgeordneten Michael O., ob seine Begleiter über einen Zeitraum von 2014 bis 2019 nur vorgeschoben waren und der Mann in Wirklichkeit privat speiste – womöglich mit seiner Lebensgefährtin. Und es gibt Unbehagen darüber, dass diese inzwischen Ex-Freundin mittlerweile Hamburgs Justizsenatorin ist, also die oberste Chefin der Staatsanwaltschaft, die in der Sache nun ermittelt.

Eine Gelegenheit, etwas dazu zu sagen, hatte sie an diesem Donnerstag im Justizausschuss, wo zwei Anträge, die Senatorin zu der Causa zu befragen, auf der Tagesordnung standen. Doch sowohl jener der AfD als auch der der CDU wurden im Beisein von Anna Gallina abgelehnt.

Begründung der Linken Justizpolitikerin Cansu Özdemir, hier mit Rot-Grün gegen die CDU zu stimmen: Sie sehe jetzt noch keinen Anlass. Die Staatsanwaltschaft müsse erst mal ermitteln. Wenn sich aber dann Fragen stellen sollten, wolle sie ebenfalls Anna Gallina im Ausschuss anhören.

Richard Seelmaecker von der CDU, der mit seinem Antrag auf Befragung abgeblitzt ist, sagte, er hätte es auch lieber gesehen, wenn Gallina von sich aus mal etwas sagen würde. Die Situation war komisch, weil der Ausschuss über die Grünen-Spitzenfrau diskutierte, während sie selbst schweigend dabei saß und versuchte, cool zu wirken.

Vielleicht lässt sich ja eine Brücke bauen, und wir besprechen das Thema mal auf der Meta-Ebene: Wer, wann, wem auf wessen Kosten ein Essen ausgeben sollte – dazu könnte doch auch eine Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz eine Meinung haben.

Kaija Kutter

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