aufreger: Sibirische Shopping Mall wurde zur Brandfalle, mindestens 64 Tote
Die westsibirische Stadt Kemerowo steht für Kohleindustrie, eine Ballade des berühmten Popsängers Boris Grebentschikow und seit Sonntag für eine der verheerendsten Brandkatastrophen der vergangenen Jahre in Russland.
Am Nachmittag war aus bisher noch ungeklärter Ursache in einem Kino im vierten Stock des Einkaufszentrums „Winterkirsche“ ein Feuer ausgebrochen. Die Mall beherbergt neben zahlreichen Geschäften und Restaurants auch ein Multiplex-Kino, eine Bowlingbahn sowie einen Zoo. Mehrere Schulklassen hatten in dem Kino eine Filmvorführung besucht. Nach Angaben des russischen Ministers für Katastrophenschutz, Wladimir Putschkow, gibt es bisher 64 Tote zu beklagen, neun davon sollen Kinder sein. Zehn Personen befinden sich derzeit im Krankenhaus, zwei sind in kritischem Zustand. Von 59 Personen, darunter 41 Kinder, fehlt bislang jede Spur.
Augenzeugen schilderten gruselige Szenen aus der an diesem Tag gut besuchten Shopping-Mall. So sprangen eine 18-jährige Frau und ein elfjähriger Junge in Panik aus dem dritten Stock, wobei sie sich schwerste Verletzungen zuzogen. Sowohl die Eltern als auch die jüngere Schwester des Jungen seien in den Flammen ums Leben gekommen, teilte Gesundheitsministerin Weronika Skoworzowa am Montag mit.
Doch die Augenzeugen berichteten auch noch von anderen, in Russland leider nicht untypischen, Dingen. So soll kein Feueralarm losgegangen sein, weswegen viele Besucher den Ernst der Lage erst erkannten, als ihnen Flammen und Rauch entgegenschlugen. Die Notausgänge des Kinos sollen blockiert gewesen sein. Nach Angaben des Internetnachrichtenportals kommersant.ru soll, nachdem endlich ein Alarmsignal ertönt sei, ein Mitarbeiter des Gebäudewachschutzes das Warnsystem abgeschaltet haben.
Er und drei weitere Verdächtige wurden vorläufig festgenommen. Darunter befinden sich auch der Pächter der Räumlichkeiten, in denen das Feuer ausbrach, sowie der Verwaltungschef des Einkaufszentrums. Die Behörden ermitteln wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften und Brandschutz.
Präsident Wladimir Putin sprach den Angehörigen der Brandopfer über seinen Sprecher Dmitri Peskow sein „tiefes Beileid“ aus. Und der Gouverneur des Gebietes Kemerowo kündigte an, dass Familien der Opfer rund 14.000 Euro Entschädigung erhalten sollen. Das dürfte den Schmerz der Hinterbliebenen nicht mindern. Ein Leserkommentar auf kommersant.ru lautet: „Nur Putin ist aus Teflon. Er brennt nicht.“ Barbara Oertel
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