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arabiata: der duft des uneingeschränkten sieges (teil 2) von BJÖRN BLASCHKE

Kürzlich berichtete ich davon, wie ich in Amman das Parfüm „Army for Men“ entdeckte – in den drei Noten „Marines“, „Desert“ und „Fighter“. Ich beendete den Bericht mit einer Beschreibung meiner stockenden Suche nach der Macht, die hinter den Soldatendüften steckt. Auf den Rückseiten der Stinkbomben steht nämlich lediglich, die Herstellerfirma heiße MBC. Sitz: Amman. Doch der zuständige Beamte im Ministerium für Planung und Industrie weigerte sich, mir weitere Informationen zu geben.

Ein Kollege sagte mir dann, er habe einmal von einem Mann jüdischen Glaubens aus den USA gehört, mit Wohnsitz in Israel und mit Namen Menachim Begin-Calvin. Ein Jude, der in Jordanien „Army for Men“ verkauft? Hatte sich die so genannte, ach so häufig heraufbeschworene „jüdische Weltverschwörung“ in Jordanien eingenistet? Das hätte erklärt, warum von offizieller jordanischer Seite so viel Geheimniskrämerei um MBC betrieben wird. Dachte ich mir. Ich wälzte also israelische Telefonbücher; bemühte die Auskunft, das Internet – nichts! Rein gar nichts. Ich war einer Verschwörungstheorie zum Opfer gefallen.

In den folgenden Tagen telefonierte ich viel herum, bis ich schließlich den Haupteinkäufer eines Supermarktes gewinnen konnte – mit einem umfangreichen Bakschisch. Er gab mir jedenfalls Telefonnummer und Namen des Produzenten: Sadie Mahdie, General Manager und Haupteigner von MBC.

Mahdie, der seinen Firmensitz in einem Vorort von Amman hat, enttarnte sich mir gleichermaßen als Designer und Kreateur von Dose und Duft. Und als ein Mann, der genau weiß, wen er mit „Army for Men“ ansprechen will: die junge Generation, die sich nach Macht sehne. Sie suche nach Produkten, die sich von den Klassikern des Marktes unterscheiden. Und „Army“ stehe wie im Krieg für 100 Prozent Erfolg – oder für null. Die jordanische Armee zähle auch zu seinen Kunden. Denn: Soldaten stellten neben den Jungdynamikern eine zweite Zielgruppe da; sie, die sie häufig unter den Hygienebedingungen bei Einsätzen leiden, brauchten ein Körperspray, das 24 Stunden lang wirkt.

Der gebürtige Iraker mit kanadischer Staatsangehörigkeit war selbst einmal Soldat, in den Achtzigerjahren, für den Irak im Krieg gegen Iran. Die Idee zu „Army for Men“, berichtete mir Mahdi bei meinem Besuch, sei ihm allerdings erst 1990, nach dem zweiten Golfkrieg, gekommen. Mittlerweile verkaufe sich „Army for Men“ in der gesamten arabischen Welt ganz hervorragend. Gut eine Millionen Dosen pro Jahr, so Mahdi. Ganz besonders gut laufe das Körperspray übrigens im Emirat Kuwait. Auch böten einige Militaria-Shops in Kanada bereits seine Produkte an. Als Nächstes wolle er den Markt in Europa erobern; Deutschland werde er als Erstes einsprühen.

Am Ende meines Besuches bei Sadie Mahdie wusste ich, dass niemand diese Invasion verpassen wird, selbst wenn wir nicht unsere C-Waffen-Spürpanzer Fuchs aus Kuwait zurückholen. Denn „Army for Men“ schwebt eine große Duftwolke voraus, die gar nicht zu überriechen ist.

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