anne sophie von otter auf dem musikfest : Pop natürlich
Jazzmusiker, die sich zu Klassischem berufen fühlen, gibt es viele. Popmusiker auch. Für den umgekehrten Weg fallen einem schon weniger Beispiele ein. Musikalischer Mainstream gilt im Allgemeinen eher als verpönt, wenn man – wie Anne Sophie von Otter – als Mezzosopranistin gefeiert wird, als Mozart- und Strauss-Interpretin.
Doch Otter, soeben mit dem Musikfest-Preis geehrt, ist mit ABBA-Komponist Benny Anderson befreundet. Ihre Interpretationen dessen, was ABBA war, genießen also Autorität von höchster Stelle. Mit ihrem braunen Paillettenkleid kommt die blonde Schwedin auch daher, als hätte sie ABBA alle Ehre gemacht. Doch glänzt Otter durch Natürlichkeit. Und liefert im Musical-Theater keine Kopie dessen ab, was ohnehin nicht zu kopieren ist. „Money, Money, Money“ etwa intoniert sie als forschen, leicht trashigen Tango. Anderen Pop-Klassikern wiederum verleiht sie mit heller, klarer Stimme die Seriosität, die der E-Musik eben innewohnt. Hernach weiß Otter bei Kurt Weill und Bert Brecht zu großer Form aufzulaufen, singt akzentfrei in vier Sprachen.
Das gemeine Musikfest-Publikum, auch zu ABBAs besten Zeiten nicht mehr ganz jugendlich, war begeistert. Zu recht. mnz