andy strauß, poet mit pudelmütze : Selbstinszenierung und Selbstfindung
Früher trug er Christbaumschmuck im Haar, heute ziert eine Wollmütze seinen verwirrten Kopf: Andy Strauß ist Poetry Slammer mit Kalkül. Während die „ernstzunehmende“ Literaturszene den Poetry Slam immer wieder für tot erklärt, versucht er ihn in den norddeutschen Provinzen zu etablieren. In seiner Heimatstadt Leer organisiert er seit Januar einen eigenen Slam und bald will er auch in Emden und Aurich den Slam-Nachwuchs rekrutieren. Alles „Non-Profit“, versteht sich.
Die Anfänge seiner eigenen Karriere verheimlicht er geschickt, mal haben ihn Bonsai-Biber zum Slammen gebracht, mal war es die Begeisterung für Karl Marx. „Eigentlich brauchte ich einfach nur ein Forum, um meine eigenen Sachen loswerden zu können“, sagt Strauß. Erst konzentrierte er sich auf die Slams im Münsteraner Raum, doch dann erfuhr er von der Fahrtkostenerstattung. „Ab da war‘s vorbei“, sagt er und zündet sich zufrieden die nächste Zigarette an. Inzwischen werde er auch oft eingeladen, nach seiner Platzierung in den Top Ten bei den Deutschen Meisterschaften 2007 in Berlin und zwei Auftritten beim WDR ist Strauß in der Szene bekannt geworden.
Zur Zeit arbeitet er an seinem ersten Buch. Denn eigentlich ist Andy Strauß ja Schriftsteller, wenn auch einer mit sehr kurzen Texten. „Meine Geschichten wollen immer schnell geschrieben werden“, sagt er. „Und außerdem fehlt mir die Konzentration.“ Immer mit dabei sind deshalb Kaffee, Zigaretten und Seifenblasen.
Strauß pflegt seine Marotten und setzt auf gekonnte Selbstinszenierung. Auch die kleinen Übel des Alltags werden von ihm künstlerisch verwertet. Im Februar stellte er unter dem Motto „Auch Raucher wollen sitzen“ fünf Stühle am Münsteraner Bahnhof auf. Die Bahn zeigte sich von seiner Aktion wenig begeistert. „Ich halte es da mit Sido“, sagt Strauß. „Wenn du meinst, es lohnt sich, musst du es einfach machen, Alter.“ „Machen“ will Strauß jetzt erst mal sein Studium in Münster. Nach drei missglückten Versuchen, darunter Jura und Informatik, hat er sich nun für Soziologie entschieden: „Da bleibt mir nebenbei genug Zeit für die Selbstfindung.“ ALW
Fotohinweis:ANDY STRAUSS, 25, lebt lieber ungewöhnlich. Statt ein Lied davon zu singen, schreibt er lieber Geschichten. FOTO: PRIVAT