american pie : NBA: Dallas gewinnt Spiel 1 gegen San Antonio
Ein Kampf zweier Linien
Wie gewinnt man mit 113:110 ein Basketballmatch, wenn man den Korb nur 29 Mal aus dem Feld trifft und bloß eine Trefferquote von knapp 40 Prozent zustande bringt? Ganz einfach: Von der Freiwurflinie. Dabei fing die erste NBA-Halbfinalpartie bei den San Antonio Spurs auch in dieser Hinsicht nicht gut an für die Dallas Mavericks. Eduardo Najera trat als Erster an die Linie und warf gleich mal daneben. Danach jedoch trafen die Gäste sage und schreibe 49 Freiwürfe in Folge. Perfekt die Bilanz von Dirk Nowitzki (20/20), Michael Finley (10/10), Nick van Exel (7/7), Steve Nash (6/6), Walt Williams (2/2), und selbst der säumige Najera setzte seine restlichen sieben Versuche in den Korb. Der reinste Lehrfilm, geeignet etwa für die Basketballer in der Bundesliga, bei denen man schon erstaunt die Augenbrauen hebt, wenn es einem gelingt, nach einem Foul alle beide Freiwürfe zu verwandeln.
Voraussetzung für einen derartigen Spielverlauf sind natürlich äußerst trillerfreudige Schiedsrichter. „Es hat links und rechts gepfiffen“, wunderte sich Tim Duncan, der Star der Spurs, dessen einzige Schwäche unglücklicherweise der Freiwurf ist. Urheber der meisten Pfeifentöne war Bennett Salvatore, ein weißhaariger Referee, der so berüchtigt für seine strenge Regelauslegung ist, dass Kommentatoren bereits fordern: „Stoppt Salvatore“. Seine Matches sind das reinste Stückwerk, und sie dauern elend lange. Die Partie in San Antonio mehr als drei Stunden, da ja auch die Spurs 48 Mal an die Linie durften. Sie verwandelten jedoch nur 31 Freiwürfe, die letzten drei vergab Tim Duncan. Die schöne 18-Punkte-Führung der Spurs aus Halbzeit eins löste sich auf diese Weise am Ende in Wohlgefallen für die Dallas Mavericks auf, das einzige NBA-Team, das extra einen Freiwurftrainer hat und darob das treffsicherste der Liga ist. „Wenn du 17 von diesen Babys daneben setzt, gibst du das Spiel aus der Hand“, kommentierte Spurs-Coach Gregg Popovich die Misere seines Teams, das schon das erste Heimspiel im Achtelfinale gegen Phoenix verloren hatte, weil Duncan am Ende seine Freiwürfe versiebte.
Erschwerend kam die Taktik von Mavericks-Coach Don Nelson hinzu, der sich nicht zu fein war, seine alte, berüchtigte Hack-a-Shaq-Taktik gegen Bruce Bowen anzuwenden. Der ist bisher in den Play-offs mit 37 Prozent ein noch schlechterer Freiwerfer, als es Shaquille O’Neal je war, weshalb ihn Nelson von seinen Reservespielern kurz vor der Pause bei fünf von sieben Angriffen der Spurs absichtlich foulen ließ. Immerhin traf Bowen, erstaunlicherweise ein hervorragender Dreipunktschütze, fünf von zehn Freiwürfen, doch Nelsons fiese Taktik reichte, um San Antonios Vorsprung von 18 auf 9 Punkte schrumpfen zu lassen.
Das genügte als Basis für die zweite Halbzeit, wo die Überlegenheit der Spurs, bei denen Duncan mit 40 Punkten, 15 Rebounds und 7 Assists erneut meisterlich spielte, an der Freiwurflinie endete. Zudem waren die Spurs beim Versuch, Dirk Nowitzki zu stoppen, ähnlich hilflos wie Dallas gegen Tim Duncan. Der Deutsche beendete die Partie nicht nur mit 38 Punkten und 15 Rebounds, sondern entschied das Match zu guter Letzt mit einer seltenen Glanzleistung in der Defensive: Kurz vor Schluss konnte er Duncan bei einem Wurf, welcher die Spurs in Führung gebracht hätte, entscheidend stören.
Das Duell der beiden Stars war in dieser Partie allerdings eher zweitrangig. „Gott sei Dank gibt es Freiwürfe“, sagte Don Nelson anschließend erleichtert, während Popovich resigniert zusammenfasste: „Es war ein irres Spiel. Die Guten haben verloren und die Bösen gewonnen.“ Spiel zwei der Best-of-seven-Serie findet heute in San Antonio statt. Pfeifen wird allerdings nicht Bennett Salvatore. MATTI LIESKE