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Archiv-Artikel

american pie Ein Thunfisch unter Cowboys

Der Football-Coach Bill Parcells hat auch in Dallas eines seiner bewährten Wunder vollbracht und das Team in die Play-offs der NFL geführt

Texaner haben gern alles groß. Das gilt nicht nur für die Viehherden, die Zahl der Hinrichtungen und die Dummheit der Gouverneure, sondern auch für die Teams des Profisports. So gesehen war die erste Hälfte der Neunzigerjahre eine fantastische Zeit für die Bürger des Lone Star State. Wem damals das Schicksal irgendwo einen Texaner in den Weg führte, der konnte sicher sein, binnen weniger Minuten von den Dallas Cowboys zu hören. Diese gewannen 1993, 1994 und 1996 die SuperBowl des American Football und konnten damals mit Fug und Recht als die Mannschaft der Neunziger bezeichnet werden.

In den letzten Jahren sprach man jedoch selbst in Dallas nicht mehr allzu gern über die Cowboys. Das unwiderstehliche Gespann von Quarterback Troy Aikman und Running Back Emmitt Smith war längst Geschichte, zahlreiche Skandale hatten den Ruf lädiert und sogar für den Einsatz von Detektiven sowie Überwachungskameras im Trainingscamp gesorgt. Doch was das Schlimmste war: Der letzte Einzug der Cowboys in die Play-offs der National Football League (NFL) datierte aus dem Jahr 1996.

Das hat sich jetzt geändert. Bereits am vorletzten Spieltag qualifizierte sich Dallas für die Ausscheidungsspiele, am Samstag muss das Team zu den Carolina Panthers nach Charlotte. Dass sie dieses Spiel absolvieren dürfen, ist ein Erfolg für die Cowboys, vor allem aber ein Erfolg für deren Trainer. Bill Parcells hatte einiges an Reputation zu verlieren, als er den Job in Dallas übernahm, stattdessen zementierte er seinen Ruf, indem er das Team bereits in seiner ersten Saison als Chefcoach aus der Mittelmäßigkeit herausführte.

„Vergrößert eure Erwartungen, auf dass sie mit meinen übereinstimmen“, war das Erste, was Parcells den Spielern sagte. Dreimal hatte „The Big Tuna“, wie der 62-Jährige genannt wird, weil er gegenüber Spielern einmal gescherzt hatte, er sei kein Trottel wie die Comicfigur „Charlie der Thunfisch“, schon ähnliche Kunststücke geschafft. Die New England Patriots, New York Giants und New York Jets verwandelte er jeweils von Verliererteams in Meisterschaftsaspiranten. „Wenn du die Dinge ins Laufen bringst, die richtigen Teile zur richtigen Zeit bekommst und ein bisschen Glück hast, kannst du vorankommen“, ist Parcells überzeugt. Seine Taktik hat er den Möglichkeiten des Teams angepasst. Weniger als andere Mannschaften spielen die Cowboys über Receiver und Running Back, dafür wirft Quarterback Quincy Carter oft zu den Fullbacks und Tight Ends.

Eine SuperBowl hat Bill Parcells noch nicht gewonnen, dass es diese Saison etwas wird, ist trotz des Aufschwungs äußerst unwahrscheinlich. Endstation könnte schon Carolina sein. Die Panthers sind heimstark und haben die letzten Matches gewonnen, während Dallas schwächelte, zuletzt am Sonntag bei der Niederlage gegen New Orleans. Und noch ein gutes Omen können die Panthers für sich reklamieren: Der einzige Play-off-Sieg ihrer neunjährigen Geschichte gelang ihnen 1996 – gegen Dallas. Es war das Ende der großen Cowboys-Ära. MATTI LIESKE