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Archiv-Artikel

american pie Vom Hinterhofduell zum Brothers Bowl

Eli und Peyton Manning sind ein ungleiches Brüderpaar. Doch sie haben den gleichen Job. Beide spielen als Quarterback in der National Football League

Manchmal floss Blut. Oft gab es Streit. Und bisweilen mussten die raufenden Brüder von Vater Archie getrennt werden. Aber sie konnten es nicht lassen: Immer wieder spielten Peyton und Eli im Hinterhof des Hauses der Familie Manning in New Orleans gegeneinander Basketball. Und immer wieder gewann Peyton. Er war größer, kräftiger, fünf Jahre älter. Es war unfair.

Am Sonntagabend traten die Brüder Manning wieder gegeneinander an. Die Sportart war eine andere, die körperlichen Unterschiede hatten sich ausgeglichen, und statt im Hinterhof spielten sie im Giants Stadium in East Rutherford, New Jersey, vor mehr als 80.000 Zuschauern. Der Ausgang war derselbe wie früher: Elis New York Giants verloren gegen Peytons Indianapolis Colts mit 21:26.

Niemals zuvor in der Geschichte der National Football League (NFL) gab es so einen Medienrummel um eine Auftaktbegegnung. Nie zuvor aber auch waren zwei Brüder als Quarterbacks gegeneinander angetreten. Das von der Presse „Manning Bowl“ oder „Brothers Bowl“ getaufte Spiel war allerdings auch eine Begegnung von zwei Teams, die sich Hoffnungen auf die Super Bowl machen dürfen. Die Colts gelten als einer der aussichtsreichen Titelanwärter, die Giants als Geheimfavorit.

Um ihr Ziel zu erreichen, werden beide Mannschaften in den nächsten Monaten darauf angewiesen sein, dass ihr jeweiliger Manning den Erwartungen gerecht wird. Beide Brüder wurden beim Spieler-Draft nach hervorragenden Leistungen in ihren College-Mannschaften als Erste ihres Jahrgangs gewählt, beide wurden bei ihren Profi-Teams als Erlöser empfangen. Ein Druck, mit dem beide bislang überraschend gut zurecht kommen. In der NFL wurden sie schnell ins kalte Wasser geworfen und mussten in schlechten Teams viel einstecken, bevor sie das komplexe und vor allem schnelle Profi-Spiel meisterten. Nun ist Peyton bereits zweimal zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt worden, und Eli hat sich in seinem dritten Profijahr zu einem soliden Spielmacher entwickelt.

Charakterlich allerdings könnten die beiden Brüder kaum unterschiedlicher sein: Peyton studiert so intensiv wie kein anderer Quarterback Taktik und Spielsysteme. Im College handelte er sich den Spitznamen „Höhlenmensch“ ein, weil er sich stets in seinem Zimmer vergrub, um Videos der kommenden Gegner zu studieren. Eli dagegen gibt sich bisweilen so entspannt, dass Mannschaftskollegen schon an seiner Einstellung zweifelten. Ehrgeizig ist er trotzdem: Als einen seiner größten Erfolge gibt er den ersten Sieg gegen seinen Bruder auf dem heimischen Hinterhof an. Eli war 17 Jahre alt, Peyton hatte gerade seinen ersten Millionenvertrag unterschrieben und war nach der Niederlage so sauer, dass er tagelang nicht mehr mit Eli sprach.

Am Sonntag war Peyton besserer Laune. Nach dem Spiel klopfte er seinem Bruder auf die Schultern und ließ verlauten: „Ich habe es genossen, ihn endlich mal in echt spielen zu sehen. Er ist genauso gut wie er im Fernsehen aussieht. Ich bin stolz auf ihn.“ THOMAS WINKLER