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american pieHäuptling Snyder will die Super Bowl kaufen

Willkommen bei den Bigskins

It landed foul on the grass

Der Ober traute seinen Ohren nicht. Galaktische Geldsummen bestimmten das Gespräch seiner beiden Gäste, das sich um Spielerverträge in der National Football League (NFL) drehte. Er war sicher, dass fiktive Spielerwechsel und ausgedachte Summen den beiden Herren den Feierabend verlustierten. Erst als der Ober am Abend die Zeitungen durchblätterte, erschrak er. Tatsächlich, das waren die beiden Herren, die von ihm bedient wurden. Steve Weinberg, Spielervermittler vom Running Back der Washington Redskins, Stephen Davis, und Vinny Cerrato, Direktor des Spielerpersonals des Clubs. Gemeinsam handelten sie einen leistungsbezogenen Vertrag für den Spieler, einen der Topstars der Liga, in einem Gesamtwert von 135,75 Millionen Dollar aus. Mit Abstand der teuerste Vertragsabschluss in der NFL. Neun Jahre ist Stephen Davis nun an die Redskins gebunden und spielte postwendend eine entscheidende Rolle beim 20:17-Erfolg Washingtons gegen die Carolina Panthers. Einen Touchdown und 133 Yards erlief er im ersten Saisonspiel und entschied das Match für sein Team.

Ein wenig spektakulärer hatte sich Dan Snyder (35), milliardenschwerer Eigentümer der Redskins, den Saisonbeginn trotz des Sieges vorgestellt. Im Kopf des erfolgssüchtigen Snyder schwirrt nur ein Begriff herum: Super Bowl XXXV. Dafür zückt Mr. Scheckbuch gerne seinen Kugelschreiber und setzt seinen Otto unter alles, was auf dem Weg zur Unschlagbarkeit eingetütet werden kann. Die Freude beim Trainer der Redskins bleibt da nicht aus: „Wir haben das kompletteste Football-Team“, entzückt Norv Turner sich über seine Mannschaft. Snyder lotste mit Deion Sanders den besten Cornerback der Liga von den Dallas Cowboys in die Hauptstadt und holte mit Jeff George den etatmäßigen Quarterback der Minnesota Vikings. Defensivkräfte wie Bruce Smith und Mark Carrier sind in Verbindung mit Ray Rhodes, dem letzten Headcoach der Green Bay Packers, der als Defensivkoordinator nach Washington gekommen ist, für die Stabilisierung der Abwehr zuständig.

Nur durch Finanztricks am Rande der Legalität konnte Snyder die Gehaltsobergrenze (Salary Cap) eines Profiteams erstmals in der US-Sport Geschichte zu einem dreistelligen Millionenbetrag aufstocken. Zudem ließ er das FedEx-Field zum größten aller NFL-Stadien ausbauen. 85.407 Menschen fasst die Arena, die den Redskins schon jetzt als Heimvorteil angerechnet wird.

Diese Blankoscheck-Mentalität ist allerdings nicht Neues im US-Profisport. Die Baltimore Orioles wurden von einem Investor mit älteren und überteuerten Baseballspielern ausgestattet und versagten. Ebenso die New York Rangers, die im letzten Jahr erneut die Play-offs der Eishockeyliga NHL verpassten. Spieler anderer Mannschaften wie Doug Flutie von den Buffalo Bills geht der Rummel um die Geldmaschine in Washington schon gehörig auf die Nerven: „Redskins, Redskins, Redskins, alles was wir in der Vorbereitung hörten, drehte sich immer nur um die Redskins.“

Auf wütende und neidische Gegner, die besonders leidenschaftlich gegen das momentane Image der Redskins spielen wollen, darf Washington gefasst sein. Sich mit Geld die Super Bowl zu erkaufen, ist bei den anderen Teams nicht besonders beliebt, und der Erfolg ist zudem höchst zweifelhaft. Ob sich die junge, eher auf Eigennutz bedachte Garde in der Mannschaft mit alten, sehr religiösen Spielern wie Sanders, Smith und Irving Fryar auf dem Feld wird verständigen können, bleibt eine Frage abseits der dicken Dollars. OKE GÖTTLICH

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