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Archiv-Artikel

am po Giorgio Rocca

Ein Lächeln huscht über das Gesicht von Giorgio Rocca. Wieder diese Frage nach Alberto Tomba. Er hat sie schon so oft beantwortet. Nein, man könne ihn mit dem früheren Seriensieger im Slalom nicht vergleichen, sagt der 30-Jährige aus Livigno. Tomba sei Tomba. Aber Rocca hat in dieser Saison den Torlauf im Weltcup doch so deutlich dominiert, wie es zuletzt nur seinem berühmten Landsmann gelungen sei? „Das ist aber schon das Einzige, was wir gemeinsam haben.“ Rocca bewundert Tomba rein sportlich, aber sonst will er nicht sein wie sein Vorgänger.

Tomba war der extrovertierte Superstar der 80er- und 90er-Jahre, der sich noch immer gerne im Rampenlicht bewegt und während seiner Karriere eifrig an der Legende vom Lebemann gestrickt hat, sich gerne mit dekorativen Damen im Arm ablichten ließ und auch spätabends noch auf der Piste war. Rocca ist eher scheu, verbringt seine Freizeit am liebsten mit seiner Frau Tania und dem knapp drei Monate alten Söhnchen Giacomo und sieht Diskotheken eher selten von innen. Er hat bei Olympia auf öffentliche Auftritte vor den Rennen verzichtet – anders als Tomba vor neun Jahren bei der Weltmeisterschaft in Sestriere. Der hat damals ein publikumswirksames Training neben der Rennpiste abgehalten, und die Ankunft bei jedem Großereignis in seiner aktiven Zeit glich einem Staatsempfang, so viele Fernsehkameras und Journalisten waren dabei.

Rocca mied dagegen Sestriere in den vergangenen Tagen, er zog sich nach seiner verpassten Kombinationsmedaille zuerst in ein kleines Bergdorf im Piemont und dann ins Aostatal zurück, um sich dort mit ein paar Teamkollegen auf den Slalom am Samstag vorzubereiten. „Jetzt fühle ich mich wieder sicher auf dem Ski.“ So sicher wie bei den ersten fünf Slalomrennen dieser Saison, die er allesamt gewonnen hat. In Kitzbühel riss diese Serie, er schied aus, und auch in Schladming, dem letzten Slalom vor Olympia, fädelte er ein.

Die hohen Erwartungen der Italiener hat er damit aber nicht gedämpft. Rocca weiß, was alle von ihm erwarten, und er nimmt die Rolle an: „Wenn man fünf Rennen gewonnen hat, kann man doch nicht sagen, dass man nicht Favorit ist.“ Rocca steht nun sogar noch mehr unter Druck als vor diesen Winterspielen, denn er ist die letzte alpine Hoffnung der Italiener. Um sich zu wappnen, arbeitet Rocca seit Jahren mit einem Mentaltrainer zusammen, mit Beppe Vercelli. Er hat ihm dabei geholfen, stark im Kopf zu werden, auch in den vergangenen Tagen war der Psychologe aus Turin dabei. Am Anfang seiner Karriere hat Giorgio Rocca selten das Ziel gesehen, so oft ist er ausgeschieden. Mit 23 Jahren feierte er seine Premiere auf dem Podium, aber es dauerte noch einmal vier Jahre, ehe er seinen ersten von nun neun Weltcup-Siegen feiern konnte.

ELISABETH SCHLAMMERL