am fenster: Fast ein Massaker
Der Blick aus meinem Fenster ist ziemlich gut. Gegenüber liegt ein kleiner Park, und die nächste Häuserzeile ist so angenehm weit weg, dass wir einander nicht reingucken können. Der Park samt Mini-Spielplatz ist derzeit angenehm leer und (ist das jetzt spießig?) sauber. Vögel singen nicht mehr nur frühmorgens (oder hört man sie jetzt besser?), Bäume grünen. Frühling wird’s, die Natur macht auch ohne uns weiter, wird es noch tun, wenn die Menschheit irgendwann verschwunden ist.
Aber sie wird auch ihre Kämpfchen, ihre kleinen und großen Brutalitäten weiterführen; denn die Idee vom paradiesischen Idyll ist eine menschengemachte.
Trotzdem – wenn ich nicht aus Langeweile just begonnen hätte, Lexikon-Artikel über Norddeutschlands Vögel zu lesen und mit Raben und Krähen begonnen hätte: dann wäre meine Sorge vielleicht kleiner gewesen, neulich, um dieses Eichhörnchen im Park.
Das heißt, ich weiß nicht ganz genau, ob es nun eines ist oder doch mehrere, jedenfalls tobt regelmäßig ein Eichhorn durchs Geäst vor meinem Fenster. Gestern allerdings rannte es den Baumstamm rauf, abrupt, auf halbem Weg wieder runter und sprang hektisch ins Gebüsch. Und wenn Eichhörnchen auch nicht Inbegriff der Zielstrebigkeit sind, schien mir das ein eher untypisches Verhalten.
Auslöser war die Ankunft zweier Krähen im oberen Geäst, die so „zufällig“ daherkamen wie ein Einbrecher, der vorm nächsten Beutezug „zufällig“ eine Wohnsiedlung durchstreift. Mit unguter, um nicht zu sagen unfreundlicher Neugier verfolgten die beiden die Flucht des Eichhorns durchs schüttere Geäst. Und ohne die Lektüre jenes ornithologischen Artikels hätte ich vielleicht verdrängt, dass Krähen neben Pflanzen auch Tiere fressen und ihnen gern als Meute auflauern.
So aber – habe ich feige weggeschaut und das Geschehen nicht weiter verfolgt. Schließlich will ich auf keinen Fall aufhören, alle Tiere zu lieben. Auch die schlauen, aber leider nicht über Artgrenzen hinweg solidarischen Krähen. Petra Schellen
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