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Zwischen den RillenWas lange wartet...

■ Songwriting aus dem Hintergrund: Epic Soundtracks und Sebadoh

Epic Soundtracks ist keine Musikspartenbezeichnung, sondern der Name eines Schlagzeugers. Zumindest kannte man Epic, Bruder von Nikki Sudden und mit jenem zusammen früher bei den englischen Wohnzimmer- Punk-Göttern Swell Maps, bisher vornehmlich als solchen. Zuletzt noch bei These Immortal Souls (der Band des Birthday-Party-Gitarristen Rowland S. Howard), hat er nun Kräfte zusammengerauft und Großes geschaffen.

Kann man das so sagen? Man kann, zumal wenn ein bisher vornehmlich im Hintergrund Agierender eine solch strahlende Songwriter-Platte macht. Als hätte er zehn Jahre darauf warten müssen, (und er hat wahrscheinlich zehn Jahre darauf gewartet).

Trotzdem sind die Stücke keine zusammengesuchten Überbleibsel, sondern auf diese Platte hin am Klavier gedacht und entworfen. Unwillkürlich fragt man sich, wie ein solches Talent so lange hinter dem Schlagzeug stillhalten [??? – die korr'in] konnte (seit 1972), wenn vorne am Bühnenrand etwa der auch nicht völlig untalentierte Nikki Sudden seinen diversen Blues-Anwandlungen eine gebrochene Stimme gab. Während Nick Cave sich immer noch seine Las-Vegas-Crooner-Tragödie aus dem Rüschenhemd zu wringen versucht, um alte New-Wave-Gespenster abzuschütteln – und ihnen damit doch nur einen zeitgenössischen Nachfolger schafft –, spricht aus Epics Ansatz eine entspannte Schwermut. „Episch“ ohne Pathosanwandlungen tragen Harmoniewechsel Sentimente, setzt ein Tempowechsel nicht eine bloße Zäsur, sondern führt in einen anderen musikalischen Raum. Das mag unangenehm nostalgisch klingen, wenn ich vorschlage: Platte auflegen, Nadel drauf, auf einen Stuhl setzen zwischen zwei Boxen und ein Panorama an Klängen orten und sich zusammenfügen hören. Virtual Reality sozusagen, analog-akustisch (es geht bestimmt auch mit einer CD, bei der man dann allerdings auf die volle Wirkung des Siebziger-mäßigen Porträt-Covers verzichten muß). Am meisten muß ich an den verstorbenen Tim Hardin denken und dessen weiche, selten klebrig arrangierten Songs. (Und an John Cale. Und an Arthur Lee's Love.)

J. Mascis, Gitarrist, Sänger und Chef von Dinosaur Jr., hatte die Songs seines Sidemans am Bass, Lou Barlow, nicht neben seinen eigenen dulden wollen – neben Songs also, die zusammen mit denen von Hüsker Dü für folgende Musikergenerationen Modell eines psychedelisch rauschenden Punkrocks (mit elegischen bis euphorischen Popmelodien) waren und sind. Während Mascis auf Epic Soundtracks Platte nun unter Beweis stellt, daß er in der Lage ist, gekonnt ein dem Arrangement sich unterordnendes Schlagzeug zu spielen, widmet Barlow sich voll seiner Rolle als Hauptsongwriter der Band Sebadoh. Mit zarter, mehr gehauchter Stimme windet er sich durch „Brand New Love“ oder „Vampire“ – und wird dafür mindestens dadurch belohnt, daß schwärmerisch ungestüme Punkbands wie Superchunk seine Stücke covern.

Allerdings gründet sich dieser „kleine“ Ruhm schon auf zwei Platten, die Barlow zu Hause in No-Budget-Qualität aufgenommen hatte, als er noch Bassist bei Dinosaur Jr. war, und auf denen diese Songs gerade durch den „schlechten“ krächzenden Sound und die überaus spärliche Schrummschrumm-Begleitung entrückt und überirdisch klangen. In Bandbesetzung wird das Ganze allerdings auch nicht zur kompakt abrockenden Post-Nirvana-Hoffnung. In einer Mischung aus Verbitterung und dissidenter Abgrenzung vom Alternative-Rock-Business („Gimme Indie Rock“ heißt das erste Stück) kultiviert Barlow mit Sebadoh nun einen brüchigen, fragmentarischen Stil. Neben die erwähnten Popmomente stellt er unfertig gelassene Songideen und brachiale Ausbrüche, die Gefallen an kaputt kratzenden Verstärkergeräuschen finden. Aber selbst „Brand New Love“ mündet in der neuen Version in entfesselten Feedback-Krach. Wenn Barlow seine schon etwas lange mitgetragene Verbitterung ablegt, wird die nächste Platte rund sein, ohne glatt zu sein. Die kleinen Witze und die große Teenage-Angst werden das Rührende abgelegt haben.

Vieleicht hat Epic Soundtracks das lange Warten erlaubt, im Gegensatz zu Barlow den Nachhall vergangener Zurücksetzung in souveräne Sentimentalität zu übersetzen, die dennoch ihre andere Seite, die Auseinandersetzung mit den strukturellen Gründen dieser Zurücksetzung, nicht ausblendet. An einer Stelle gefällt mir dann aber doch das (bewußt) Rührende an Sebadoh. Wenn nämlich auf das Cover gekritzelt ist: „deise album... ist für unsere Deutschen fruend... wir liebe dich tschuss!!“ Jörg Heiser

Epic Soundtracks: Rise Above. (Rough Trade).

Sebadoh: Rocking The Forest/vs. Helmet. (Cityslang/EFA).

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