: Zweifelhafter Nutzen der Weiterqualifizierung
■ Auch Fortbildung und Umschulung kaum Hilfe für ältere Arbeitslose
Berlin (taz) - Am 4. jeden Monats gibt die Bundesanstalt für Arbeit die neuesten Zahlen zur Arbeitslosigkeit bekannt. Gerade kürzlich hat das Nürnberger Institut wieder Daten veröffentlicht, die besagen, daß die Masse der Arbeitslosen sich zunehmend in zwei Gruppen spaltet. Wenn auch vielleicht eine geringfügige Verbesserung der Chancen von kurzzeitigen Erwerbslosen zur Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes eintreten könnte, so sieht es für die Langzeitarbeitslosen immer düsterer aus. „So nimmt die Dauer der Arbeitslosigkeit von Jüngeren weiter ab, während sie bei Älteren eher noch zunimmt“, erklärte jetzt der Leiter der Nürnberger Anstalt. Daran kann auch die Strategie der Weiterbildung der von Arbeitslosigkeit betroffenen nichts ändern. Abgesehen davon, daß solche Maßnahmen höchstens die Chancen des einzelnen Arbeitssuchenden verbessern, und keine neuen Arbeitsplätze schaffen können: Bei Lichte betrachtet wird die Ausgangslage für Absolventen von „Qualifikationsförderungsmaßnahmen“ der Arbeitsämter - Fortbildung bzw. Umschulung - nur geringfügig besser. Dies gilt insbesondere für Langzeitarbeitslose. Unter denjenigen, die Fortbildungs– oder Umschulungskurse abbrechen, sind überproportional solche Arbeitslose vertreten, die mehr als sechs Monate arbeitslos sind. Fast die Hälfte (45 Kursteilnehmer, die aus Gegenden mit hoher Arbeitslosenquote (mind. 12 als ein Jahr vorher arbeitslos waren, bleiben auch dann arbeitslos, wenn sie den Kurs nicht abgebrochen haben. Die Bundesanstalt für Arbeit ist stolz darauf, verkünden zu können, daß im Durchschnitt 59 Kursabsolventen nach Abschluß eine Arbeit aufnehmen. Dies sagt jedoch nichts aus über - die Dauer der neuen Arbeit, ob sie vielleicht von vornherein als befristet vereinbart war, - den Sinn der „Weiterqualifikation“ für die neue Beschäftigung - das Verhältnis zur früheren beruflichen Tätigkeit (Besserstellung oder Verschlechterung). Vom 59 vor allem die älteren Arbeitslosen keine Hoffnung machen. Eine deutliche Grenze liegt hier etwa bei 45 Jahren. Aufgrund verschiedener Analysen zu den Verlaufsformen von Arbeitslosigkeit wird auch deutlich, wie wenig aussagekräftig die Quote von 59 „Maßnahme“ in das berufliche Leben eingegliedert wird. Erst geraume Zeit später nämlich läßt sich abschließend beurteilen, ob eine dauerhafte, stabile Wiedereingliederung ins Erwerbsleben stattgefunden hat. Bei den Analysen kam zum Vorschein, daß in einem Dreijahreszeitraum (z.B. 1979–82) mehr als jeder vierte (27 mehrmals und mehr als jeder zweite darunter mindestens einmal erneut arbeitslos geworden war und sich beim Arbeitsamt meldete. Es kam auch heraus, daß Fortbildung und Umschulung deshalb keinen nennenswerten Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten, weil die Betriebe sich einfach weigern, ihren Bedarf an erprobten, leistungsfähigen Arbeitskräften auf dem „Markt“ der Arbeitslosen zu decken - sie haben es eben auch zunehmend nicht nötig. Heinrich Krüger / ulk
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