: Zweifel an Notwehr
■ Leipziger Krawalle: Augenzeugen widersprechen Polizei
Berlin (taz) — Als die Polizei am Samstag in Leipzig den 18jährigen Hooligan Mike Polley aus Malchow bei Berlin erschoß und sechs weitere Fußballfans schwer verletzte, lag dem tragischen Ereignis eine schwere Einsatzpanne der Polizei zugrunde. Augenzeugen widersprechen der Darstellung der Polizei, wonach die Beamten von randalierenden Anhängern des FC Berlin vor dem Stadion eingekesselt und massiv angegriffen wurden. Nach ihren Berichten hat die Polizei das Feuer auf die Fußballanhänger aus einer Entfernung von etwa 40 Metern eröffnet und wahllos in die Menge geschossen.
Die Polizisten sind nach Angaben des Berliner Jugenddiakons Michael Heinisch auch nicht eingekreist worden. Nach Auseinandersetzungen innerhalb des Stadions wurden die Hooligans vom FC Berlin nach außen und damit in den Rücken der dort eingesetzten Kollegen getrieben. Daß sie dann in „Notwehr“ zur Waffe griffen, weisen die Beobachter als „völligen Unsinn“ zurück. Für die Fans vor dem Stadion fielen die Schüsse völlig unerwartet. In einer Megaphondurchsage hatte die Polizei lediglich erklärt, daß das Stadion für die Berliner gesperrt sei. Ohne jede Warnung fielen dann Sekunden später die Schüsse. Auch die Zahl der Verletzten scheint nach diesen Aussagen untertrieben. Allein im Leipziger Diakonissen- Krankenhaus sollen 15 Verletzte eingeliefert worden sein. Die Vorbereitungen für das deutsch-deutsche Fußballspiel am 21. November laufen unterdessen weiter, es wird auch nicht verlegt. SEITE 7
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen