: Zwei Mitleids sind zu wenig
■ betr.: "Armer Vincent", taz vom 15.8.90
betr.: „Armer Vincent“ von Ulf Erdmann Ziegler, taz vom 15.8.90
(...) Die Betrachtungen des Autors über ein Künstlerleben orientieren sich genau an dem, was auf dem heutigen Kunstmarkt die Qualität bestimmt und die Preise sonstwohin treibt, nämlich: Materiellen Wert hat nur die Kunst, die eine aufregende Vita hinter sich hat. Der Künstler sollte am besten seine Mutter vergewaltigt, das Grab seines Vaters geschändet haben und schon mindestens 50 Jahre tot sein Himmler als Vorbesitzer eines seiner Kunstwerke wäre natürlich auch nicht schlecht. Daß es auch andere Gründe geben kann, Bilder zu malen und Selbstmord zu begehen als ausbleibender materieller Gewinn, kann sich Herr Ziegler anscheinend nicht vorstellen.
Seiner Artikelunterzeile „Zwei Mitleids sind zuviel“ kann ich jedenfalls nicht beipflichten. Für sein Machwerk sind zwei Mitleids nämlich noch viel zuwenig.
Michael Ständer, Zell (BRD)
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