: Zwei Jahre sind genug
■ Kanzler Kohl drängt auf schnelle Lösung beim Abtreibungsstreit / Rita Süssmuth für „dritten Weg“
Berlin (dpa) - Bundeskanzler Kohl drängt auf eine schnelle Neuregelung bei der Abtreibungsfrage. Die im Einigungsvertrag vereinbarte zweijährige Übergangsfrist, in der auf dem Gebiet der DDR die Fristenregelung mit Straffreiheit bei einem Abbruch in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft weitergilt, sei die äußerste Grenze, sagte er am Sonntag auf dem Bundesdelegiertentag der CDU -Frauenunion in Berlin. Das gesamtdeutsche Parlament sollte sich bald nach der Konstituierung, also noch 1991, an die Neuregelung machen.
Kohl ließ seine Haltung in dieser Frage offen. DDR -Ministerpräsident Lothar de Maiziere und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hatten sich zuvor gegen eine Lösung des Problems mit strafrechtlichen Mitteln ausgesprochen. De Maiziere unterstützte ebenso wie DDR -Staatssekretär Günter Krause den von Süssmuth vorgeschlagenen sogenannten „dritten Weg“ zwischen der Fristenlösung der DDR und dem Indikationsmodell in der Bundesrepublik. Man müsse „helfen statt strafen“, sagte de Maiziere.
Süssmuth hatte in die Debatte der letzten Wochen den in ihrer eigenen Partei heftig umstrittenen Vorschlag eingebracht, Frauen sollten in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten selbst entscheiden, ob sie das Kind bekommen können. Strafbar sollte danach ein Abbruch nur noch ohne die vorgesehene Pflichtberatung sein. Die Indikationen des heutigen § 218 sollten in das Nebenstrafrecht überführt werden und statt des heutigen Abtreibungsparagraphen ein umfassendes „Lebensschutzgesetz“ geschaffen werden. Die Fristenlösung lehnte Süssmuth auf dem Treffen der Unionsfrauen als „ethisch nicht vertretbar“ ab. Süssmuth wurde mit 256 Stimmen gegen 23 Stimmen für weitere zwei Jahre als Vorsitzende der Frauenunion wiedergewählt.
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